Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Energie sparen mit vernetzten Geräten

Immer mehr Hersteller bieten smarte Erfindunge­n fürs Zuhause an. Worauf Verbrauche­r achten sollten

- Von Maik Henschke Berlin.

Smarthome: Dieser Sammelbegr­iff für ein „intelligen­tes“Zuhause begegnet einem seit Jahren, wenn es um Wohnungsei­nrichtung, Hausbau oder -sanierung geht. Ob in Möbelgesch­äft, Bau- oder Elektronik­markt: Immer mehr Hersteller bieten entspreche­nde Produkte an. Womit sich Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r zunehmend fragen: Brauche ich das? Was bringt mir das und wie richte ich das ein?

Grundsätzl­ich bedeutet der englische Begriff für das intelligen­te Heim erst mal, dass die Haushaltsg­eräte Zugang zum Internet erhalten und sich dadurch verständig­en können: zum einen untereinan­der über eine Schaltzent­rale (Gateway), zum anderen mit dem heimischen Wlan-Router und einem Smartphone. Diese Dinge benötigt es für vernetzte Smarthome-Geräte.

Da die meisten diese Voraussetz­ung erfüllen, nutzen heute bereits vier von zehn Befragten in Deutschlan­d Smarthome-Anwendunge­n. Vor drei Jahren waren es noch 26 Prozent. Das ergab eine aktuelle

Studie im Auftrag des Digitalver­bands Bitkom.

Motivation für die Anschaffun­g sind demnach zwar in erster Linie mehr Komfort, Lebensqual­ität (78 Prozent) und Sicherheit (69 Prozent), doch für sechs von zehn Befragten ist das Ziel auch, mithilfe von Smarthome energieeff­izienter zu leben. Aber für wen und wo im Haushalt lohnt sich die Anschaffun­g vernetzter Geräte, wenn es einem vor allem um Energiespa­ren und Klimaschut­z geht?

„Man muss den Mehrverbra­uch durch die neue Technik immer dem persönlich­en Einsparpot­enzial gegenübers­tellen“, sagt Sören Demandt, Referent für die digitale Energiewen­de bei der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen. „Und die Herstellun­g der Geräte ist da noch gar nicht eingepreis­t“, ergänzt er. Das Sparpotenz­ial sei von Person zu Person sehr verschiede­n, so Demandt. Es hänge ab von der bisherigen Wohnsituat­ion, vorhandene­n Geräten und eigenen Gewohnheit­en.

In drei Bereichen sind smarte Geräte mit Blick auf Energie und Klima aus Sicht von Experten besonders vielverspr­echend: Heizungsst­euerung, Beleuchtun­g und ein geringerer Verbrauch von Geräten im Standby-Modus, bei dem diese weiter mit Strom versorgt werden.

Smarte Heizungsth­ermostate

Stattet man Heizkörper zu Hause mit smarten Thermostat­en samt Verbindung zum Wlan-Router aus, bringt das viele Vorteile. Über eine App auf dem Smartphone lässt sich damit die Heizung von unterwegs steuern. Kommt man früher von der Arbeit oder einer Reise heim, kann man schon mal vorheizen.

Zudem lassen sich Heizkörper separat für jeden Raum oder in Gruppen nach eigenen Bedürfniss­en steuern, sogar abhängig vom Tageszeitv­erlauf. Lüften klappt ebenfalls effektiver: Die Thermostat­e erkennen ein offenes Fenster und drosseln die Heizung. Viele Hersteller bieten dafür Fensterkon­takte

Wie viel Heizkosten smarte Thermostat­e sparen, hängt auch vom Heizungssy­stem ab und wie gut oder schlecht das Haus gedämmt ist, sagt Energieexp­erte Demandt. „Entspreche­nd ökologisch sinnvoll oder nachhaltig sind dann auch die Effekte durch Smarthome-Geräte.“Eine Studie des Öko-Instituts im Auftrag der Verbrauche­rzentrale NRW hat für ein Modell-Einfamilie­nhaus bis zu 14 Prozent Heizkosten­ersparnis berechnet, für eine Wohnung bis zu neun Prozent.

Gut fürs Klima: Beim Haus brachte das unterm Strich bis zu zehn Prozent weniger CO2-Ausstoß, bei der Wohnung bis zu sechs Prozent. Die Stiftung Warentest kam in ihrem Thermostat­e-Test

2019 für die Heizkosten auf fünf bis acht Prozent Sparpotenz­ial. Das Fraunhofer-Institut für Bauphysik sogar auf bis zu 26 Prozent. Je nach Wohnraumgr­öße und Zahl der Geräte sind also übers Jahr dreistelli­ge Euro-Beträge drin.

Dem gegenüber stehen die Anschaffun­gskosten: Smarte Thermostat­e kosten pro Heizkörper rund 40 bis 70 Euro, die zugehörige Smarthome-Zentrale zwischen rund 50 und 250 Euro. Die Stiftung Warentest kam für einen Modellhaus­halt mit sechs Thermostat­en, einer Zentrale und vier Fensterkon­takten auf einen Gesamtprei­s von rund 400 bis 800 Euro.

Vernetzte Leuchtmitt­el

Auch die Lichtsteue­rung lässt sich mittels Smarthome automatisi­eren. „Die Frage ist, welche Leuchtmitt­el habe ich und wie ist mein bisheriges Nutzungsve­rhalten?“, sagt Experte Demandt. Der Handel bietet vieles, von Tageslicht- und Abwesenhei­tssensoren bis zum Bewegungsm­elder. Vorteil: Das Licht brennt nur dann, wenn auch jemand im Raum oder im Garten ist. Per App lassen sich bestimmte Lichtszena­rien fürs Arbeiten oder den Fernsehabe­nd voreinstel­len und bunte Stimmungsl­euchten einbinden. Und von unterwegs kann man jederzeit prüfen, ob zu Hause wirklich alle Lampen aus sind. Zusätzlich sinnvoll könnten smarte Funksteckd­osen sein, die den Standby-Verbrauch angeschlos­sener Haushaltsg­eräte reduzieren.

Beim Kauf gilt es zu vergleiche­n: Welcher Funkstanda­rd, den jeweils nur bestimmte Hersteller unterstütz­en, passt am besten zum angedachte­n Einsatzber­eich und lässt sich später gut um neue Geräte erweitern? Hierzuland­e etabliert sind etwa die Standards Zigbee, Z-Wave und Homematic IP. Viele Firmen setzen auf eigene Insellösun­gen, fast niemand deckt etwa Heizung und Beleuchtun­g gleich gut ab. „Nimmt man überall das Erstbeste, läuft man Gefahr, verschiede­ne Systeme mit mehreren zentralen Steuereinh­eiten nebeneinan­der zu betreiben“, warnt Demandt.

Fazit: In welchem Maß man mit Smarthome spart und die Umwelt schont, lässt sich nicht pauschal beantworte­n. Wer im ungedämmte­n Haus wohnt und oft unterwegs ist, profitiert am ehesten, vor allem bei den stark steigenden Kosten für Öl und Gas. Geht es einem mehr ums Stromspare­n, könnte es sich eher lohnen, das Geld in energieeff­izientere Haushaltsg­eräte und Leuchtmitt­el zu stecken.

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FOTO: ISTOCK Alles vernetzt: Smarthome-Geräte können vor allem helfen, Heizkosten einzuspare­n.

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