Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Energie sparen mit vernetzten Geräten
Immer mehr Hersteller bieten smarte Erfindungen fürs Zuhause an. Worauf Verbraucher achten sollten
Smarthome: Dieser Sammelbegriff für ein „intelligentes“Zuhause begegnet einem seit Jahren, wenn es um Wohnungseinrichtung, Hausbau oder -sanierung geht. Ob in Möbelgeschäft, Bau- oder Elektronikmarkt: Immer mehr Hersteller bieten entsprechende Produkte an. Womit sich Verbraucherinnen und Verbraucher zunehmend fragen: Brauche ich das? Was bringt mir das und wie richte ich das ein?
Grundsätzlich bedeutet der englische Begriff für das intelligente Heim erst mal, dass die Haushaltsgeräte Zugang zum Internet erhalten und sich dadurch verständigen können: zum einen untereinander über eine Schaltzentrale (Gateway), zum anderen mit dem heimischen Wlan-Router und einem Smartphone. Diese Dinge benötigt es für vernetzte Smarthome-Geräte.
Da die meisten diese Voraussetzung erfüllen, nutzen heute bereits vier von zehn Befragten in Deutschland Smarthome-Anwendungen. Vor drei Jahren waren es noch 26 Prozent. Das ergab eine aktuelle
Studie im Auftrag des Digitalverbands Bitkom.
Motivation für die Anschaffung sind demnach zwar in erster Linie mehr Komfort, Lebensqualität (78 Prozent) und Sicherheit (69 Prozent), doch für sechs von zehn Befragten ist das Ziel auch, mithilfe von Smarthome energieeffizienter zu leben. Aber für wen und wo im Haushalt lohnt sich die Anschaffung vernetzter Geräte, wenn es einem vor allem um Energiesparen und Klimaschutz geht?
„Man muss den Mehrverbrauch durch die neue Technik immer dem persönlichen Einsparpotenzial gegenüberstellen“, sagt Sören Demandt, Referent für die digitale Energiewende bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. „Und die Herstellung der Geräte ist da noch gar nicht eingepreist“, ergänzt er. Das Sparpotenzial sei von Person zu Person sehr verschieden, so Demandt. Es hänge ab von der bisherigen Wohnsituation, vorhandenen Geräten und eigenen Gewohnheiten.
In drei Bereichen sind smarte Geräte mit Blick auf Energie und Klima aus Sicht von Experten besonders vielversprechend: Heizungssteuerung, Beleuchtung und ein geringerer Verbrauch von Geräten im Standby-Modus, bei dem diese weiter mit Strom versorgt werden.
Smarte Heizungsthermostate
Stattet man Heizkörper zu Hause mit smarten Thermostaten samt Verbindung zum Wlan-Router aus, bringt das viele Vorteile. Über eine App auf dem Smartphone lässt sich damit die Heizung von unterwegs steuern. Kommt man früher von der Arbeit oder einer Reise heim, kann man schon mal vorheizen.
Zudem lassen sich Heizkörper separat für jeden Raum oder in Gruppen nach eigenen Bedürfnissen steuern, sogar abhängig vom Tageszeitverlauf. Lüften klappt ebenfalls effektiver: Die Thermostate erkennen ein offenes Fenster und drosseln die Heizung. Viele Hersteller bieten dafür Fensterkontakte
Wie viel Heizkosten smarte Thermostate sparen, hängt auch vom Heizungssystem ab und wie gut oder schlecht das Haus gedämmt ist, sagt Energieexperte Demandt. „Entsprechend ökologisch sinnvoll oder nachhaltig sind dann auch die Effekte durch Smarthome-Geräte.“Eine Studie des Öko-Instituts im Auftrag der Verbraucherzentrale NRW hat für ein Modell-Einfamilienhaus bis zu 14 Prozent Heizkostenersparnis berechnet, für eine Wohnung bis zu neun Prozent.
Gut fürs Klima: Beim Haus brachte das unterm Strich bis zu zehn Prozent weniger CO2-Ausstoß, bei der Wohnung bis zu sechs Prozent. Die Stiftung Warentest kam in ihrem Thermostate-Test
2019 für die Heizkosten auf fünf bis acht Prozent Sparpotenzial. Das Fraunhofer-Institut für Bauphysik sogar auf bis zu 26 Prozent. Je nach Wohnraumgröße und Zahl der Geräte sind also übers Jahr dreistellige Euro-Beträge drin.
Dem gegenüber stehen die Anschaffungskosten: Smarte Thermostate kosten pro Heizkörper rund 40 bis 70 Euro, die zugehörige Smarthome-Zentrale zwischen rund 50 und 250 Euro. Die Stiftung Warentest kam für einen Modellhaushalt mit sechs Thermostaten, einer Zentrale und vier Fensterkontakten auf einen Gesamtpreis von rund 400 bis 800 Euro.
Vernetzte Leuchtmittel
Auch die Lichtsteuerung lässt sich mittels Smarthome automatisieren. „Die Frage ist, welche Leuchtmittel habe ich und wie ist mein bisheriges Nutzungsverhalten?“, sagt Experte Demandt. Der Handel bietet vieles, von Tageslicht- und Abwesenheitssensoren bis zum Bewegungsmelder. Vorteil: Das Licht brennt nur dann, wenn auch jemand im Raum oder im Garten ist. Per App lassen sich bestimmte Lichtszenarien fürs Arbeiten oder den Fernsehabend voreinstellen und bunte Stimmungsleuchten einbinden. Und von unterwegs kann man jederzeit prüfen, ob zu Hause wirklich alle Lampen aus sind. Zusätzlich sinnvoll könnten smarte Funksteckdosen sein, die den Standby-Verbrauch angeschlossener Haushaltsgeräte reduzieren.
Beim Kauf gilt es zu vergleichen: Welcher Funkstandard, den jeweils nur bestimmte Hersteller unterstützen, passt am besten zum angedachten Einsatzbereich und lässt sich später gut um neue Geräte erweitern? Hierzulande etabliert sind etwa die Standards Zigbee, Z-Wave und Homematic IP. Viele Firmen setzen auf eigene Insellösungen, fast niemand deckt etwa Heizung und Beleuchtung gleich gut ab. „Nimmt man überall das Erstbeste, läuft man Gefahr, verschiedene Systeme mit mehreren zentralen Steuereinheiten nebeneinander zu betreiben“, warnt Demandt.
Fazit: In welchem Maß man mit Smarthome spart und die Umwelt schont, lässt sich nicht pauschal beantworten. Wer im ungedämmten Haus wohnt und oft unterwegs ist, profitiert am ehesten, vor allem bei den stark steigenden Kosten für Öl und Gas. Geht es einem mehr ums Stromsparen, könnte es sich eher lohnen, das Geld in energieeffizientere Haushaltsgeräte und Leuchtmittel zu stecken.