Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Auf Seiders Spuren
Eishockey Drache Justus Böttner wurde zur deutschen U20 berufen und will zur WM
Der erste Weihnachtsgruß erreichte Justus Böttner am 19. Oktober. In seinem Mail-Postfach ploppte eine Einladung vom Deutschen Eishockey-Bund auf. Der 19-jährige Verteidiger der TecArt Black Dragons war einer der 23 Spieler, die auf Vorschlag von U20-Nationaltrainer Tobias Abstreiter für das Vier-Nationen-Turnier im November im norwegischen Lillehammer berufen wurde. Am selben Tag rief ihn Abstreiter noch persönlich an. „Unglaublich, ich bin mega happy. Damit hätte ich überhaupt nicht gerechnet“, so Böttner.
Warum auch: Bisher war er noch nie in eine U-Nationalmannschaft eingeladen worden. Vor einem Jahr war er gerade erst dabei, sich im Erfurter Männerteam zu etablieren. Wie gut und wie schnell ihm das gelang, davon zeugt nicht nur die Statistik – er wurde 43-mal eingesetzt, erhielt dabei viel Eiszeit, kam auf zwölf Scorerpunkte und war der Senkrechtstarter im Team, das auch dank ihm erstmals die Playoffs in der Oberliga Nord erreichte –, sondern auch eine historischer Fakt: Böttner ist der erste Spieler überhaupt aus dem Erfurter Oberligateam, der zur Nationalmannschaft berufen wird. „Das zeigt, dass es ein guter Weg sein kann, als junger Spieler regelmäßig in der Oberliga zu spielen und Leistungsträger zu sein, als weiter oben auf der Bank zu sitzen“, meint Henry Tews, sportlicher Leiter des EHC Erfurt, nicht ohne Stolz auf die gezielte Nachwuchsförderung seines Vereins, die vom Verband mehrfach als die beste der Oberliga ausgezeichnet wurde.
Schon im Sommer ließ Abstreiter das junge Talent aus der Drachenschmiede, das vor sieben Jahren noch mit Moritz Seider in der Erfurter U16 zusammenspielte, bei DELKlub Düsseldorfer EG mittrainieren und sich vom dortigen Headcoach Eindrücke übermitteln. „Ich denke, da habe ich mich ganz gut geschlagen“, sagt Böttner, der zwar denkt, dass es für einen ähnlichen Karriereweg wie bei Seider bis in die nordamerikanische NHL für ihn zu spät ist, der aber die deutsche Eliteliga noch nicht abgeschrieben hat.
Doch jetzt steht erstmal Lillehammer im Fokus. In der Olympiastadt von 1994 trifft das deutsche U20-Team vom 10. bis 15. November auf den Nachwuchs der Slowakei, Schweiz und Norwegen. Dabei werden die Talente gesucht, die neben den in Nordamerika spielenden deutschen Youngsters den finalen Kader stellen. Mit „guten Aufbaupässen, unter Druck ruhig bleiben, guter Zweikampfführung, schnellem Umschalten“, wie Böttner seiner Stärken beschreibt, will er es zur WM schaffen. Dass er in Norwegen dabei ist, hat er auch seinem Headcoach Raphael Joly zu verdanken, der ihn empfohlen hat. „Er und auch Henry Tews haben ganz viel dafür getan, das ist klasse.“
Böttner wird dort der einzige Oberligaspieler unter lauter DELoder DEL2-Youngsters sein. „Umso mehr muss ich mich anstrengen.“
Schließlich will er selbst dafür sorgen, dass aus dem Weihnachtsgruß per E-Mail das ultimative Weihnachtsgeschenk wird. „Wenn ich mich bei dem Lehrgang gut präsentiere, könnte ich eine Chance haben, bei der U20-WM dabei zu sein“, sagt der gebürtige Arnstädter.
Dass er dann über Weihnachten und Silvester – die WM im kanadischen Edmonton geht vom 26. Dezember bis 5. Januar – nicht bei der Familie wäre, ist nur ein kleiner Wermutstropfen. Er darf sich Nationalspieler nennen – und vielleicht ist das ja, wie bei seinem Vorbild Moritz Seider, erst der Anfang.