Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Verbote helfen nicht weiter, sie fördern weder Innovationen noch Akzeptanz. Ein Verbrenner-Verbot lehnen wir daher ab.
Die Entscheidung ist zwar noch kein Gesetzesbeschluss: Das Parlament hat vielmehr seine Position für Verhandlungen mit dem Rat der EU-Mitgliedstaaten festgelegt. Doch auch in den Regierungen der Mitgliedstaaten hat die Forderung nach einem schnellen Abschied von fossilen Kraftstoffen immer mehr Anhänger. Dass die EU nach dem Parlamentsbeschluss nun noch hinter den Vorschlag der Kommission zurückfällt, ist nicht wahrscheinlich. Derzeit dürfen Neuwagen eines Herstellers nicht mehr als 95 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen, in diesem Jahrzehnt sind weitere Reduzierungen vorgeschrieben. Nach geltender Rechtslage muss der CO2-Grenzwert 2030 um 37,5 Prozent unter dem Wert von 2021 liegen.
Die deutsche Autoindustrie hatte sich vergeblich dafür eingesetzt, Festlegungen für 2035 erst in sechs Jahren zu treffen und jetzt darauf zu verzichten. Es sei zu früh, weil Ungewissheit herrsche, welche Rahmenbedingungen dann herrschten, erklärte die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller. Dabei hat die Industrie auch den schleppenden Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektromobilität im Blick, der den Absatz von E-Autos bislang behindert. Doch ein CO2Grenzwert von 0 lässt sich nach jetzigem Stand nur mit E-Autos erreichen. Die Autoindustrie hofft noch auf einen Durchbruch bei der Entwicklung synthetischer Kraftstoffe – deren Herstellung ist bislang noch zu teuer und zu energieintensiv, langfristig aber könnten E-Fuels den Verbrennungsmotor retten, von dem in der europäischen Autoindustrie Hunderttausende Arbeitsplätze abhängen.
Müller drängt deshalb darauf, die EU-Regelungen technologieoffen zu treffen. „Verbote helfen nicht weiter, sie fördern weder Innovationen noch Akzeptanz. Ein Verbrenner-Verbot lehnen wir daher
Ricarda Lang, Parteivorsitzende der Grünen, begrüßte die Entscheidung des Europäischen Parlaments. „Das gibt den Autounternehmen europaweit Planungssicherheit für den Transformationsprozess“, sagte Lang unserer Redaktion. Die Ampel-Koalition habe sich bereits klar zur Verkehrswende bekannt. „Ich bin froh, dass wir diesen Weg nun EU-weit gehen“, so die Grünen-Chefin. .
Die neuen Vorgaben für die Autoindustrie sind Teil eines Pakets von acht Gesetzen, mit denen die EU die Klimaschutzziele umsetzen soll. Bis 2030 soll der Ausstoß an Kohlendioxid in der EU um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken – eine Zwischenetappe, um 2050 Klimaneutralität in Europa zu erreichen. Zu dem Paket gehört vor allem die Ausweitung des Emissionshandels auch auf die Bereiche Verkehr und Wohnen, wie es in Deutschland schon der Fall ist. Doch das Parlament konnte sich nicht auf diese Reform einigen, eine Mehrheit überwies den Entwurf zurück an den Umweltausschuss.
Aus Sorge vor Chaos in Bussen und Bahnen will fast die Hälfte der Menschen in Deutschland wenn möglich öffentliche Verkehrsmittel, in denen das 9-Euro-Ticket gilt, im Sommer meiden. In einer Umfrage des Instituts Yougov stimmten 49 Prozent der Befragten voll und ganz oder eher zu, den öffentlichen Nahund Regionalverkehr aus Sorge vor vollen Zügen und Bahnchaos nach Möglichkeit nicht nutzen zu wollen. 21 Prozent stimmten dem überhaupt nicht zu, 18 Prozent eher nicht. Die restlichen 12 Prozent waren sich unsicher oder machten keine Angaben.
An Pfingsten waren kurz nach dem Start des Aktionsfahrscheins viele Züge so voll, dass Passagiere nicht mehr einsteigen oder zumindest ihr Fahrrad nicht mitnehmen konnten. dpa