Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Positive Schnelltests zählen nicht
Die Corona-Datenlage bleibt schwierig, weil für das RKI nur PCR-Nachweise relevant sind
Thüringens Gesundheitsministerium und die Kassenärztliche Vereinigung Thüringen (KV) sind unterschiedlicher Ansicht darüber, wann Corona-Fälle in die offizielle Statistik des RobertKoch-Instituts (RKI) eingehen: Während dem Ministerium zufolge nur die Erkrankungen einfließen, die durch einen PCR-Nachweis bestätigt wurden, teilt die KV diese Ansicht auf Anfrage ausdrücklich nicht: „Vielmehr beruhen die Zahlen auf den gemeldeten Infektionsnachweisen der Gesundheitsämter“, ist die KV überzeugt.
Ärzte müssten alle positiven Testbefunde an die Gesundheitsämter melden – unabhängig davon, ob es sich um PCR-Tests, AntigenSchnelltests, sogenannte PoC-NAToder Antikörper-Tests handelt. „Wir gehen davon aus, dass unsere Mitglieder sich daran halten und jeder den Gesundheitsämtern gemeldete Fall in der RKI-Statistik erscheint“, heißt es seitens der KV.
Doch das ist ein Trugschluss: Zwar ist selbst das Bundesgesundheitsministerium der Meinung, dass ein positiver Antigentest „sehr aussagekräftig“und eine PCR-Bestätigung deshalb aus medizinischer Sicht nicht unbedingt notwendig ist. Doch weil das RKI Meldungen zu Antigentests für „unvollständig und nicht aussagekräftig“hält, werden diese auch nicht veröffentlicht. Das heißt: Selbst wenn die Gesundheitsämter
in der Lage dazu sein sollten, von Ärzten und Testzentren gemeldete positive Schnelltest-Ergebnisse systematisch zu erfassen und ans RKI weiterzugeben, fließen nur PCR-bestätigte Fälle in die RKIStatistik ein.
Das Thüringer Gesundheitsministerium hatte im März, als die Inzidenzen erneut hoch waren und sich vor den Arztpraxen hunderte Meter lange Schlangen mit Wartenden auf PCR-Tests bildeten, die Strategie der Massen-PCR-Testung aufgegeben. Für die Absonderung, hieß es, genüge auch ein positiver Schnelltest. Da solche Tests in der RKI-Statistik aber nicht berücksichtigt werden, muss seither von einer
Untererfassung des Infektionsgeschehens ausgegangen werden. Es gibt also mehr Corona-Fälle, als die Statistik ausweist.
Ob und wie sie ihre Patienten testen, ist der KV zufolge „nach dem aktuellen Stand der Dinge der Einzelfallbeurteilung der Ärzte überlassen“. Patienten hätten kein Anrecht darauf, einen bestimmten CoronaTest zu erhalten. Deshalb begnüge sich die eine Praxis mit einem positiven Schnelltest, während in der anderen noch ein PCR-Test durchgeführt werde. In der Art und Weise der Datenerfassung sei im Moment „aber viel Bewegung“, sagt eine Sprecherin des Thüringer Gesundheitsministeriums.
Die Annahme, dass die statistischen Angaben im Dashboard des RKI nur die PCR-bestätigten Infektionen umfassen, wird in unserem Haus nicht geteilt. Matthias Streit, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung