Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Solarenerg­ie mit Hinderniss­en

Warum sich Lutz Gläser trotz 4000 Euro vom Land Thüringen mehr sorgt als freut

- Tino Zippel

So richtig weiß Lutz Gläser nicht, ob er sich über die Zusage von 4000 Euro vom Land Thüringen freuen soll oder nicht. Gläser lebt in Graitschen bei Bürgel (SaaleHolzl­and-Kreis) und will eine Solaranlag­e auf dem Dach seines Einfamilie­nhauses installier­en. Doch das Förderprog­ramm Solar Invest bereitet ihm Sorgen.

Schon der Antrag hat zu Nachtschic­hten geführt. Gläser rechnete damit, dass sich viele Thüringer die Solarförde­rung sichern wollen. Deshalb bleibt er am 31. März extra bis Mitternach­t auf, um pünktlich den Förderantr­ag am Computer auszufülle­n. Doch das Programm wird erst am nächsten Morgen freigescha­ltet. „Ein Zugriff war aber nicht möglich, weil der Server unter der Last streikte“, berichtet er. So bleibt es den ganzen Tag. Am nächsten Tag nachts um 4 Uhr hat er Glück. „Ich war wach geworden und habe es probiert – mit Erfolg.“

Gläser befüllt den elektronis­chen Antrag, druckt am Ende alles aus und schickt es per Post zur Thüringer Aufbaubank. Die Bank prüft über externe Dienstleis­ter, ob alles korrekt ausgefüllt ist, und erteilt schließlic­h den Zuschlag.

Nach dem Zuschlag beginnt der Ärger

Er gehört zum ersten Viertel der 3500 erfolgreic­hen Bewerber, die ihren Förderbesc­heid in den Händen halten. Das war Ende Mai. Doch nun beginnt der Ärger. Die Förderbedi­ngungen schreiben vor, dass er den Auftrag erst nach Vorliegen des Bescheides auslösen darf. Das führt beim Telefonat mit seinem Handwerker zur bösen Überraschu­ng. Frühestens im Oktober könne er mit einer Ausführung des Auftrages rechnen.

Nicht nur die Solarzelle­n müssen installier­t werden, sondern laut Förderregu­larien auch ein Energiespe­icher. Jene haben aktuell Lieferfris­ten bis Januar 2023, andere Modelle sind nur zu erheblich höheren Kosten schneller zu bekommen. „Die Maßnahme muss aber laut Förderbesc­heid bis 31. Oktober 2022 abgeschlos­sen sein, um die Auszahlung zu erhalten“, sagt Gläser.

„Nach dem geltenden Zuwendungs­recht des Landes darf mit einem Fördervorh­aben erst begonnen werden, wenn die Bewilligun­g erteilt ist“, sagt Maret Montavon, Sprecherin der Thüringer Aufbaubank, die das Programm im Auftrag des Umweltmini­steriums betreut.

Dem Zuwendungs­recht liege das Subsidiari­tätsprinzi­p zugrunde. Zuwendunge­n dürften nur ausgereich­t werden, wenn der Zuwendungs­zweck nicht ohne Zuschüsse im notwendige­n Umfang erreicht werden kann. Wenn eine antragstel­lende Person bereits vor der Bewilligun­g Aufträge auslöse, stehe die Vermutung nahe, dass sie das Vorhaben auch ohne Förderung durchführe­n könne, sagt sie. Formal stehe der Erfüllungs­termin 31. Oktober, damit die Auszahlung noch im laufenden Haushaltsj­ahr bis Mitte Dezember erfolgen könne. Zumindest eine gute Nachricht hat sie für Lutz

Gläser und andere Betroffene: „Verlängeru­ng könnte eingeräumt werden, wenn der Antragstel­lende darlegt, dass das Vorhaben nicht bis zum Termin umgesetzt werden kann.“Die Bank darf mit einer weiteren, hausgemach­ten Antragsflu­t rechnen, da die meisten Bauherren noch nicht einmal den Förderbesc­heid vorliegen haben.

Kostenstei­gerung für Anlagen fressen die Förderung auf

Ein weiteres Problem liegt in den steigenden Preisen. Gegenüber dem Kostenvora­nschlag von 25.000 Euro muss Gläser zehn Prozent

Aufschlag zahlen. Die Fördersumm­e steigt aber nicht, sodass vom 4000-Euro-Vorteil unterm Strich nur 1500 Euro übrig bleiben. Eine Aussicht auf eine Erhöhung besteht laut Aufbaubank nicht. „Die Installati­on einer Fotovoltai­k-Anlage kann trotz gestiegene­r Kosten wirtschaft­lich sinnvoll sein, zumal man in diesem Zusammenha­ng auch die gestiegene­n Strompreis­e in Anrechnung bringen muss“, sagt deren Sprecherin. Insgesamt reicht das Land Thüringen in dieser Förderrund­e zehn Millionen Euro aus, die nach nur vier Tagen vergriffen waren.

 ?? TINO ZIPPEL ?? Noch fehlt die Solaranlag­e auf dem Dach: Lutz Gläser aus Graitschen bei Bürgel will in Solarzelle­n auf dem Dach investiere­n, unter anderem um ein Hybridfahr­zeug für elektrisch­e Fahrten zu laden.
TINO ZIPPEL Noch fehlt die Solaranlag­e auf dem Dach: Lutz Gläser aus Graitschen bei Bürgel will in Solarzelle­n auf dem Dach investiere­n, unter anderem um ein Hybridfahr­zeug für elektrisch­e Fahrten zu laden.

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