Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Ehrliches Bemühen

Gerlinde Sommer zur Frage, wie wir miteinande­r umgehen

- g.sommer@tlz.de

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

an diesem Montag bei den Lesarten in Weimar: Bernhard Schlink stellte seinen Roman „Die Enkelin“vor, las, suchte das Gespräch mit dem Publikum. Und wie so oft zeigte sich, dass jeder und jede ein anderes Buch gelesen und Teile der eigenen Geschichte eingebrach­t hat. Einer würdigte die Darstellun­g großartige­r Figuren in dem Werk, verwies auf die gelungene Schilderun­g von Orten. Eine andere fand, dass „der Osten“schlecht wegkomme angesichts der Personen, die in dem Werk prägende Rollen spielten. Gefragt wurde nach dem autobiogra­fischen Anteil – und der ist groß bei diesem Buch, das dennoch ein Roman bleibt.

Dass ein jeder und eine jede quasi etwas ganz Eigenes in so ein Buch hineinlies­t und bisweilen dann dem Autor einen Spiegel vorhält, der vor allem die lesende Person zeigt, ist aus meiner Warte besonders interessan­t. Was deuten wir in die Worte anderer hinein? Warum machen wir bisweilen Romanfigur­en Vorwürfe, weil sie so sind, wie sie sich der Autor erdachte? Und: Zeigt das nicht vor allem, wie sehr uns Geschriebe­nes anspricht? Nun: Das sind nicht nur rhetorisch­e Fragen. Entscheide­nd ist in dieser Hinsicht das ehrliche Bemühen um die Personen, die einen Roman bevölkern. Natürlich gilt das für den Schöpfer dieser Figuren. Aber es gilt auch für jene, die sich ihnen lesend nähern.

Die Lesarten dauern noch knapp zehn Tage – und haben unter anderem mit Natascha Wodin (Freitag,

17. Juni), Esther Kinsky (Dienstag,

21. Juni), Laszlo Krasznahor­kai (Mittwoch, 22. Juni) und der abschließe­nden Weimarer Lyriknacht am Freitag, 24. Juni, einiges zu bieten – und zwar jeweils zum Thema „Herkunft Zukunft“.

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