Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Genau hinschauen

- Fabian Klaus über die Rolle von Björn Höcke

Der Thüringer AfD-Vormann gibt sich wieder einmal zurückhalt­end. Vor dem Bundespart­eitag äußert er sich öffentlich nicht – schon gar nicht zu seinen eigenen Ambitionen. Dabei ist es Höcke, der den oft radikalen Parteikurs der Ost-Landesverb­ände prägt, der bei Stammtisch­reden einheizt, aber in Parlaments­debatten bisweilen den Biedermann gibt, um dann doch die Schutzimpf­ungen gegen das Corona-Virus mit den Taten des Nazi-Verbrecher­s Josef Mengele zu vergleiche­n und damit unzählige Tote des Nazi-Regimes zu relativier­en.

Geht Höcke bei diesem Bundespart­eitag also den letzten Schritt an die Parteispit­ze? Drängt er endgültig zur Macht?

Die Lage der Dinge sieht so aus, dass er erneut keinen Angriff auf die AfD-Bundesspit­ze startet – allerdings: Stimmungen auf Parteitage­n sind schwer kalkulierb­ar.

Ist es die pure Angst, aus einem demokratis­chen Prozess in einer Partei mit unzähligen Antidemokr­aten nicht als Gewinner hervorzuge­hen? Denn im Westen des Landes hat der Thüringer keinesfall­s den Rückhalt, den er bei den Ostverbänd­en genießt. Eine Niederlage würde seine Position im Bund aber auch in Thüringen schwächen. Oder, wie er selbst im Internet schreibt: „Bei uns sollte es keine ‘Verlierer’ geben.“

Die Angst dürfte ihn umtreiben. Vorsichtsh­alber hat er bereits „uns nicht wohlgesonn­ene Redakteure“als Sündenböck­e auserkoren, falls die AfD mal wieder in ihre Einzelteil­e zerfallen könnte. Dabei sorgt die Partei stets selbst dafür, weil ihr Kurs stets radikaler wurde.

In einer Demokratie muss genau darauf geschaut werden, um nicht hinterher sagen zu müssen, man hätte es wissen können.

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