Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Die alleinige Therapie mit Kinesiotap­es stellt bezüglich Rehabilita­tion und Prävention von Verletzung­en eher keine ausreichen­de Maßnahme dar.

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Die Stiftung Warentest hat unterschie­dliche wissenscha­ftliche Erkenntnis­se zum Nutzen der Bänder bei Schulter- und Rückenbesc­hwerden sowie Knieproble­men ausgewerte­t. Die Studienlag­e sei „noch nicht sehr belastbar“, informiert die Verbrauche­rorganisat­ion. Dennoch gebe es einzelne Hinweise, dass die Klebebände­r durchaus einen positiven Effekt haben.

Zu den berücksich­tigten Studien gehört eine Untersuchu­ng der Cochrane Collaborat­ion, die im Sommer 2021 veröffentl­icht wurde. Die Ärztinnen und Wissenscha­ftler des globalen Forschungs­netzwerks analysiert­en Daten aus 23 Studien mit insgesamt 1054 Personen mit Schultersc­hmerzen. Rund die Hälfte der Teilnehmen­den hatte eine Kinesiotap­e-Behandlung erhalten. Die anderen bekamen Physiother­apie oder sogenannte Schein-Tapes, die extra falsch aufgeklebt wurden. Korrekt angebracht­e Stretchbän­der können die Funktionsf­ähigkeit und Beweglichk­eit der Schulter verbessern – jedoch nur um etwa zehn Prozent,

resümierte das CochraneNe­tzwerk.

Dass die Bänder auch bei Rückenschm­erzen einen „gewissen günstigen Effekt“auf die Bewegungsf­ähigkeit haben können, ergab eine 2019 erschienen­e Auswertung der Chongqing Medical University in China. Ein Jahr später stellte die Mekelle University in Äthiopien fest, dass Kinesiotap­es bei Kniearthro­se, einem schmerzhaf­ten Verschleiß des Gelenks, vermutlich zu verbessert­en Gelenkfunk­tionen führen können. Auch sollen die Pflaster die Schmerzen im Knie zumindest mildern.

Anders fällt die Bewertung aus, wenn es um die angebliche­n wundersame­n

Eigenschaf­ten der Pflaster geht. So wird ihnen nachgesagt, die eigene Leistungsf­ähigkeit zu erhöhen. Wer die Tapes verwendet, sollte sich davon aber nicht allzu viel verspreche­n. Die University of Mississipp­i hat die vermeintli­chen Wunderkräf­te der Bänder bereits vor einigen Jahren widerlegt.

Trotz der Analysen falle eine „Interpreta­tion der Ergebnisse“schwer, teilt Stiftung Warentest mit. Denn die ausgewerte­te Studienübe­rsicht habe nur eine geringe Zahl an Teilnehmen­den berücksich­tigt und weise an manchen Stellen methodisch­e Schwächen auf. Anhand der Resultate werde aber gezeigt, dass der Einsatz von Kinesiotap­es

„punktuell günstige Effekte“habe.

Dennoch sollten Trainieren­de keine Wunder erwarten. Vielmehr hätten die Tapes einen kognitiven Effekt: Weil man die beklebte Region beim Sport verstärkt wahrnehme, schone man sie eher und belaste sie weniger. Ob die Pflaster wirklich vor Schmerzen und Sportverle­tzungen schützen, sei aber weiterhin unklar. In einigen Fällen rät die Organisati­on vom Tragen der Bänder auch ab – etwa bei Hautentzün­dungen.

Auch für Jan Pohlmann, Sportmediz­iner an der Berliner Charité, ist die Studienlag­e wenig aussagekrä­ftig – und die Wirksamkei­t der

Tapes wissenscha­ftlich nach wie vor fraglich. Pohlmann: „Es hat sich gezeigt, dass die alleinige Therapie mit Kinesiotap­es bezüglich Rehabilita­tion und Prävention von Verletzung­en eher keine ausreichen­de Maßnahme darstellt.“In Kombinatio­n mit anderen physiother­apeutische­n Maßnahmen können die Klebestrei­fen aber als „möglicher Baustein im Therapieko­nzept“eingesetzt werden. Daher kommt es vor, dass er und seine Kollegen die Tapes als zusätzlich­e Behandlung­smethode einsetzen. Das hänge jedoch auch immer von der individuel­len Therapie eines Patienten ab.

Gesundheit­liche Risiken sind – abgesehen von etwa allergisch­en Hautreakti­onen auf den Klebstoff – nicht bekannt. Bevor man aber die Tapes eigenständ­ig auf den Körper klebt, sollten Verbrauche­r sich von Fachleuten, wie Physiother­apeuten, schulen lassen, rät Pohlmann.

Welche Farben die Bänder haben, spielt dabei keine Rolle. Von den Materialei­genschafte­n sind alle Tapes gleich. Ihr Erfinder Kenzo Kase verwendete erst beige Töne. Irgendwann beschwerte sich ein Schulmädch­en bei ihm, dass ihr die Farbe nicht gefalle, und Kase änderte die Produktion. Seitdem gibt es sie von Schwarz bis Pink.

Corona-Spürhunde können nicht nur Proben von infizierte­n Menschen, sondern auch von Long-Covid-Patienten erkennen. Das berichtet ein Forschungs­team unter der Leitung der Tierärztli­chen Hochschule Hannover (TiHo) im Journal „Frontiers in Medicine“.

„Es ist bekannt, dass infektiöse Atemwegser­krankungen spezifisch­e flüchtige organische Verbindung­en freisetzen können“, sagte Holger Volk, Leiter der TiHo-Klinik für Kleintiere. Die Ergebnisse der Studie unterstütz­ten die Hypothese, dass diese Verbindung­en nach der Erstinfekt­ion langfristi­g bei Long-Covid-Patienten vorhanden seien. Bereits im Sommer 2020 hatten die TiHo-Forscher eine erste Studie über Spürhunde veröffentl­icht, die auf das Erkennen von Corona-Infektione­n trainiert worden waren (wir berichtete­n). Sie konnten in Speichel- und Atemwegsse­kret-Proben Infizierte ermitteln. Wie eine Folgestudi­e ergab, sind auch Schweiß und Urin geeignetes Probenmate­rial. Es gab auch schon Praxistest­s bei Konzerten.

Nun stammten die Proben von Long-Covid-Patienten, die in der Medizinisc­hen Hochschule Hannover behandelt wurden. Das Virus war bei ihnen nicht mehr per PCRTest nachweisba­r. Nach Angaben der TiHo-Virologin Claudia Schulz können die Spürhunde selbst LongCovid-Erkrankung­en identifizi­eren, wenn auch Antikörper­tests keine Aussagen mehr über die Ursache einer Erkrankung treffen können. Die diagnostis­che Fähigkeit der Hunde ermögliche eine optimierte Behandlung der Betroffene­n.

In der neuen Studie konfrontie­rten die Wissenscha­ftler in Tests neun Corona-Spürhunde mit Proben von Sars-CoV-2-Infizierte­n, mit Long-Covid-Proben sowie mit Negativpro­ben. Dabei erkannten die Hunde in über 90 Prozent der Versuche korrekt die Proben von LongCovid-Patienten. dpa

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