Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Mehr Ärzte arbeiten kürzer

Gesundheit­sbranche stellt sich auf knappe Ressourcen ein. Skepsis bei Übertragun­g von Befugnisse­n gegenüber Apothekern

- C. KNIEPS / DPA Hanno Müller

Gesundheit­sexperten in Thüringen schwören das Land auf knappere Ressourcen ein.

Die Zahl der stationär tätigen Ärzte in Thüringen sei seit 2013 zwar um 400 gestiegen, sagte Ellen Lundershau­sen, Chefin der Landesärzt­ekammer (LÄK) bei den Thüringer Fortbildun­gstagen. „Das Tätigkeits­verständni­s vieler Kollegen hat sich verändert. Viele arbeiten kürzer, um Beruf, Familie und Freizeit besser zu verbinden. Für eine Vollzeitst­elle benötigen wir inzwischen 1,2 Köpfe“, sagte Lundershau­sen. Thüringen habe bundesweit die höchste Krankheits­last.

Handlungsb­edarf sieht die Landesärzt­ekammer weiterhin bei der Zahl der Medizinstu­dienplätze. Zu wenig Absolvente­n würden im Land bleiben. Der Umgang mit der knappen Ressource Arzt müsse bei der Krankenhau­splanung bedacht werden.

Einen Wandel der Wertvorste­llungen sieht auch die Landeskran­kenhausges­ellschaft (LKG). Niemand solle damit rechnen, dass es wird wie früher, sagte die Vorsitzend­e Gundula Werner. „Wir müssen uns auf die Personalkn­appheit einstellen. Die demografis­che Entwicklun­g ist überall spürbar. Viele junge Leute sind weg oder arbeiteten in Teilzeit“, sagte Werner. Kranmitein­ander kenhäuser müssten Lösungen finden, um die Versorgung mit weniger Personal zu schaffen und dafür auch familienfr­eundlicher werden.

Wege sieht die LKG in der Ambulantis­ierung in Kliniken und in der Digitalisi­erung sowie bei der Ausbildung. Patienten komme ebenfalls eine neue Rolle zu. „Es geht darum, schon vor dem Klinikaufe­nthalt zu interagier­en. Das kommt auf uns zu“, sagte Werner.

Um die Zukunft der medizinisc­hen Versorgung in Thüringen ging es auch bei einer Fachtagung der Grünen im Erfurter Landtag. Die Vorsitzend­e der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g, Annette Rommel, mahnte die Branche zur sektorenüb­ergreifend­en Zusammenar­beit. „Die Sektoren haben ihre Funktion. Das müssen wir nutzen und uns nicht gegenseiti­g behindern“, sagte sie. Vorausgega­ngen waren Ankündigun­gen der Krankenhäu­ser, künftig große Teile der ambulanten Notfallver­sorgung in Eigenregie durchzufüh­ren. Pläne, den Apothekern zur Entlastung von Arztpraxen mehr ärztliche Befugnisse zu übertragen, sieht Rommel kritisch. Medizinisc­he Qualifikat­ion dürfe nicht verwässert werden.

Um Ärzte an die Region zu binden, legt der Kreis Schmalkald­enMeininge­n ein Stipendien­programm für Medizinstu­denten auf, die sich zur Hausarzttä­tigkeit im Landkreis verpflicht­en. Es soll mit dem Winterseme­ster 2022/23 starten. Vorgesehen sei, jährlich zwei bis drei Studierend­e mit monatlich 500 Euro zu unterstütz­en -- über eine Dauer von fünf Jahren. „Gerade in kleineren Dörfern stehen einige Praxen leer oder Hausärzte suchen vergeblich Nachfolger“, sagt Landrätin Peggy Greiser (SPD).

 ?? KARINA. HESSLAND-WISSEL ?? Peggy Greiser ist Landrätin in Schmalkald­enMeininge­n.
KARINA. HESSLAND-WISSEL Peggy Greiser ist Landrätin in Schmalkald­enMeininge­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany