Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Bitte kein teures Alibi
Wer soll den Millionen-Zuschlag für das Zukunftszentrum bekommen? Natürlich ein Bewerber aus Thüringen -- so viel Lokal-Patriotismus darf und muss sein. Dann wird es schon schwieriger. Wäre Eisenach als einstige Stadt nahe der innerdeutschen Grenze, wo sich für die Bewerbung ein breites gesellschaftliches Bündnis von Unterstützern bildete, die bessere Wahl? Oder doch eher der Wissenschaftsstandort Jena, der mit langjährigen Erfahrungen bei der Erforschung von Systemumbrüchen und internationaler Vernetzung punkten kann? Oder kommt man gar nicht vorbei an der Ost-West-Perspektive aus dem ehemaligen Sperr- bzwZonenrandgebiet, die die Menschen im Bewerberbund Mühlhausen-Eschwege einbringen würden?
Alle drei Anwärterstädte aus Thüringen bringen gute Argumente mit, sich für sie zu entscheiden. Am Ende geben wohl Details den Ausschlag. Einer Stadt nur deshalb den Zuschlag zu erteilen, damit sie – wie gelegentlich zu hören ist – auch mal zum Zuge kommt, mag politisch vielleicht irgendwie passen. Dem Thema würde das nicht gerecht.
Das ist inhaltlich viel zu wichtig, als dass man ihm mit Proporz oder gar Parteiengeplänkel kommen sollte. Drei Jahrzehnte nach der Wende ist die oft beschworene innere Einheit noch eine schwelende Wunde. Empfindungen von Zurücksetzung, Benachteiligung oder Ungerechtigkeit drücken auf den Zusammenhalt. Da gibt es für ein Zentrum, das auch im Namen auf gemeinsame Zukunft setzt, viel zu besprechen, zu klären, zu forschen.
Leider vergeht bis zum Start noch viel Zeit. Die sollte man nutzen für gute inhaltliche und wissenschaftliche Konzepte. Eine teure Alibiveranstaltung braucht niemand.