Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Städte ringen um Zukunftszentrum
Eisenach, Jena und Mühlhausen wollen Zuschlag und forcieren Werbung vor Ort und beim Land
In die Thüringer Bewerbungen um den Standort für das geplante „Zukunftszentrum für Europäische Transformation und Deutsche Einheit“kommt Bewegung. Neben Städten wie Leipzig, Frankfurt/ Oder und Plauen treten Eisenach, Jena und ein Städtebund aus Mühlhausen und Eschwege an. Die Wartburgstadt präsentierte sich am Dienstag bereits in der Erfurter Staatskanzlei. Termine beim Land für die anderen Bewerber folgen.
Der Bundestag stimmte im Mai für die Einrichtung des Zentrums. Es soll Knotenpunkt für die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Erfahrungen rund um die Wiedervereinigung und die innere Einheit Deutschlands werden.
Wer den Zuschlag erhält, kann auf Investitionen in Höhe von 200 Millionen Euro hoffen. Das Jahresbudget soll 43 Millionen Euro betragen. Der Ostbeauftragte beim Bund,
Carsten Schneider (SPD), kündigte eine Standortwahl bis Ende dieses Jahres an. Start des Zentrums soll 2028 sein.
Auch vor Ort intensivieren die Bewerber ihre Aktivitäten. In Eisenach bildete sich eine Arbeitsgemeinschaft aus Vertretern von Stadt, Museen, Wartburgstiftung, den Universitäten und Hochschulen in Erfurt, Mannheim, Eisenach-Gera und Fulda. Die Petition „Zukunft gehört ins Zentrum“unterschrieben bislang 1500 Menschen. Das Zentrum gehöre in die Mitte Deutschlands und Europas, nicht an den Rand, sagte Oberbürgermeisterin Katja Wolf (Linke). Unterstützung kam diese Woche aus der oppositionellen CDU-Fraktion im Landtag.
Die Stadt Jena bewirbt sich gemeinsam mit der Schiller-Universität. Bei einem Symposium Anfang der Woche beantwortete Jörg Ganzenmüller, Professor für Osteuropäische Geschichte und Chef der Stiftung Ettersberg, die Frage „Wapostsozialistischen rum Jena?“mit dem Hinweis, die Uni sei bereits Zentrum für die Erforschung von Systemumbrüchen im Nachwende-Europa, man könne so an Erkenntnisse etwa des ImreKertész-Kollegs anknüpfen. „Die vergleichende Erforschung der
Gesellschaften findet nirgendwo bessere Voraussetzungen als in Jena“, so Ganzenmüller. Details und Köpfe zur Bewerbung will Jena Ende Juni nennen.
Mühlhausen tritt mit Eschwege (Hessen) als Doppelstandort an. Dafür werbe man um die Unterstützung sowohl Thüringens als auch des Nachbarlandes. Man arbeite mit einem Expertenteam aus Wissenschaftlern verschiedener Fachrichtungen zusammen, eine Bürgerbeteiligung sei in Vorbereitung. „Die Bewohner bringen sowohl die Ost-, als auch die West-Perspektive ins Zentrum ein“, sagte Sprecherin Anke Pfannstiel.
Die Thüringer Staatskanzlei fördert zunächst alle drei Bewerbungen mit je 50.000 Euro. In zwei Wochen will der Kulturausschuss beraten, welche Stadt unterstützt wird. Letztlich entscheidet das Kabinett Ende Juli. Die Bewerbungen müssen dann im Herbst beim Bund vorliegen.
Das Zukunftszentrum gehört in die Mitte Deutschlands und nicht an den Rand. Katja Wolf (Linke), Oberbürgermeisterin der Stadt Eisenach