Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Spiegelflächen in der Natur
Zum Tag der Architektur sind in Thüringen mehr als 50 Bauwerke und Freiflächen zu besichtigen
Zum Tag der Architektur sind am Samstag und Sonntag 54 Projekte unter dem Motto „Architektur baut Zukunft“in ganz Thüringen geöffnet. Auch die Spiegelarche in RastenbergRoldisleben (Landkreis Sömmerda) wird an diesem Wochenende für Besucher zu besichtigen sein.
Ein Haus „aus dem Baustoff, der nebenan auf dem Feld wächst“. So wirbt das Planungsbüro „Z Architektur“aus Weimar für sein neuartiges Strohballenhaus zum Tag der Architektur. Das Zweifamilienhaus in Weimar-Ehringsdorf, dessen Außenwände aus Strohballen bestehen, wurde anfänglich belächelt. Inzwischen hat es nicht nur eine Anerkennung beim Architekturpreis der Architektenkammer Thüringen erhalten. Durch das Haus wurde sogar ein Forschungsprojekt an der BauhausUniversität Weimar zu lasttragendem Strohballenwänden initiiert, wie der Vizepräsident der Architektenkammer, Thomas Wittenberg, berichtet. Das Gebäude verbindet regionales Bauen, Tradition und Nachhaltigkeit.
Damit passt es ideal zum Motto des diesjährigen Tages der Architektur: „Architektur baut Zukunft“. In Thüringen werden am kommenden Wochenende, 25. und 26. Juni, mehr als 50 Bauprojekte in knapp
30 Orten von Geisa bis Altenburg und Nordhausen bis Sonneberg präsentiert: neue wie umgestaltete Bauwerke, aber auch Freianlagen.
Vorgestellt wird beispielsweise die Nördliche Geraaue in Erfurt, die mit dem Architekturpreis der Architektenkammer Thüringen
2022 ausgezeichnet wurde. „Der größte Landschaftspark der Landeshauptstadt hat sich in den vergangenen Jahren in eindrucksvoller Weise gewandelt und ist ein Gewinn für die Lebensqualität“, sagt Kammersprecher Björn Radermacher.
Prinzip der Wiederverwendung wird stärker in den Fokus rücken
Rohstoffmangel, steigende Baustoffkosten, fehlende Arbeitskräfte und die aktuellen Zinserhöhungen haben die Baubranche in eine Krise geführt. Vizepräsident Wittenberg ist sich aber sicher, dass die Krise auch eine Chance bietet, dass sie den Bausektor zwingt, den Weg der Nachhaltigkeit noch stärker zu gehen. Um Ressourcen, aber auch Energie zu sparen, die etwa zur Baustoffgewinnung eingesetzt wird, werde „sich das Bauen verändern“. Bestehende Gebäude gilt es künftig
zu erhalten und umzuwidmen, Abriss indes zu vermeiden. Das Prinzip der Wiederverwendung wird also auch in der Baubranche verstärkt Einzug halten.
Außerdem werde, so der Weimarer Architekt, der Einsatz regionaler Rohstoffe zunehmen. Das Strohballenhaus bei Weimar, bei dem auch Ur-Materialien wie Holz, Lehm und Kalkputz zum Einsatz kamen, sei ein ideales Beispiel. Zum Tag der Architektur werden weitere nachhaltige
Thüringer Bauprojekte zu erleben sein: In Erfurt ist etwa mit dem ehemaligen Heizwerk „Zentralheize“ein Industriedenkmal zu einem Büro-, Tagungs- und Veranstaltungskomplex umgebaut worden.
Auch die Niedermühle in Kapellendorf ist laut Wittenberg ein gelungenes Beispiel für den Erhalt wertvoller Bausubstanz. Die Schwimmhalle in Ilmenau mit ihrer gewölbten Holzlamellendecke und
der Erfurter Kindergarten St. Bonifatius mit seiner Massivholzbauweise setzen besonders auf einen ökologischen, althergebrachten Baustoff.
Auch wenn die Auftragsbücher gerade prall gefüllt sind, so trüben doch die Auswirkungen von Coronakrise und Ukrainekrieg die Konjunkturprognosen ein. Bei den Eigenheimbauten sei bereits ein leichter Rückgang zu verbuchen, sagt Thomas Wittenberg. Auf unterbrochene Lieferketten und steigende Materialpreise reagierten Bauplaner mit Umplanungen. Kosten ließen sich zum Beispiel durch alternative Baustoffe, aber auch die Reduzierung der Baufläche senken. Und wie in fast allen Branchen fehlen auch in Thüringer Architekturbüros Mitarbeiter.
Im Freistaat arbeiten rund 1300 Architekten sowie 250 Innen- und Landschaftsarchitekten sowie Stadtplaner.