Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Der prominente­ste Thüringer Linke wahlkämpft für einen CDU-Mann

Aus dem Ministerpr­äsidenten Ramelow wird der Gewerkscha­ftsfreund. Stichwahle­n am Wochenende in mehreren Thüringer Kommunen

- Fabian Klaus

„Manchmal höre ich verwundert die Frage: Wie kann es sein, dass einen Menschen, der ein linkes Parteibuch hat, mit einem anderen Menschen, der ein CDU-Parteibuch hat, eine enge Freundscha­ft verbindet?“

Der Mensch mit dem linken Parteibuch ist kein geringerer als Thüringens Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke). Der Mensch mit dem CDU-Parteibuch heißt Marko Grosa und will am Wochenende wieder Bürgermeis­ter von Leinefelde-Worbis im Eichsfeld werden. Mit Ramelow hat er seit Wochen einen ungewöhnli­chen wie prominente­n

Unterstütz­er in seinem Kampf ums Bürgermeis­teramt.

82 Sekunden lang erklärt Ramelow in dem Video, das auf Grosas Wahlkampf-Facebook-Seite veröffentl­icht wurde, die Dinge, die aus seiner Sicht für den Christdemo­kraten sprechen. Auf Anfrage unserer Redaktion verteidigt­e er seinen kurzen Auftritt: „Ich schaue in meiner Regierungs­arbeit nicht aufs Parteibuch. Wenn wir im Land Themen bearbeiten wollen, dann will ich wissen, wie und mit wem bekomme ich das hin.“Ramelow und das Eichsfeld – das ist eine besondere Beziehung. Vor Jahren hatte er schon mit CDU-Landrat Henning über den gemeinsame­n christlich­en

Glauben diskutiert, was in der Linken keine Jubel-Arien auslöste.

Der frühere hochrangig­e Polizist Grosa muss an diesem Wochenende in eine Stichwahl gegen den parteilose­n Friseurmei­ster Christian Zwingmann und kämpft um seine zweite sechsjähri­ge Amtszeit.

Als wenn es nicht schon merkwürdig genug wäre, dass ein Linker für einen Christdemo­kraten – noch dazu in Thüringen – Wahlkampf macht, bleibt die Frage: Darf er das in dieser Form?

Das Video wurde am Rande eines Streiks bei einem Leinefelde­r Autozulief­erer gedreht. Ramelow hatte dort aus Solidaritä­t zu den Arbeitnehm­erinnen und Arbeitnehm­ern teilgenomm­en und redete als Ministerpr­äsident.

In seinem Wahlkampf-Video für den CDU-Mann ist er dann aber nur noch als „Gewerkscha­ftsfreund“bezeichnet. Ramelow und Grosa verbindet tatsächlic­h eine gewerkscha­ftliche Beziehung, beide waren Vorsitzend­e unterschie­dlicher Arbeitnehm­ervertretu­ngen. Insofern tritt Ramelow in dem Video erkennbar nicht in seinem Amt als Ministerpr­äsident auf.

Neben Ramelow werben auch mehrere Ortsteilbü­rgermeiste­r aus Leinefelde-Worbis, allerdings im Unterschie­d zum Ramelow erkennbar als solche, in Videos für den Amtsinhabe­r.

 ?? ECKHARD JÜNGEL ?? Verstehen sich gut: Der Linke Bodo Ramelow und der Christdemo­krat Marko Grosa.
ECKHARD JÜNGEL Verstehen sich gut: Der Linke Bodo Ramelow und der Christdemo­krat Marko Grosa.

Newspapers in German

Newspapers from Germany