Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Isoliert und abgezäunt – so wird der Gipfel geschützt
Gesperrte Straßen, zugeklebte Gullydeckel, 18.000 Polizisten im Einsatz. Das G7-Treffen ist mit hohen Kosten verbunden
Über das Blau und Weiß der Polizeiautos mischt sich Schwarz, die Flammen haben das Metall zerstört, das Gummi von den Fensterscheiben ist verschmort, die Sitze verbrannt. Wenige Tage vor Beginn des G7-Gipfels im bayerischen Schloss Elmau haben in München acht Polizeiwagen gebrannt. Sie standen vor einem Hotel, in dem die Einsatzkräfte für das Mammuttreffen stationiert sind.
Die Polizei ermittelt, nennt keine Details zu den Motiven des Anschlags. Ermittler gehen aber davon aus, dass die Tat politisch motiviert ist: von Linksextremen. Die Staatsund
Regierungschefs der sieben großen Industrienationen – vor allem für die linke Szene stehen sie für „globale Ungerechtigkeit“im Kampf gegen „Kapitalismus“. Der Krieg in der Ukraine, die Klimakrise, die drohenden Hungerkatastrophen, das mobilisiert Gegner des Gipfels. Auch gewaltbereite.
Für die Sicherheitsbehörden sind diese Mega-Treffen mit enormem Personalaufwand und Kosten verbunden. 170 Millionen Euro soll die Tagung kosten. 18.000 Polizistinnen und Polizisten, vor allem aus Bayern, sind im Einsatz. Dazu Helikopter, Räumfahrzeuge, Wasserwerfer.
In der Region um Garmisch-Partenkirchen
sind Straßen gesperrt, Gullydeckel abgeklebt, ein Wanderweg wurde geteert, Anwohner müssen ihre Mülltonnen wegstellen. Auch dort lauern laut Polizei Gefahren.
Gipfel der großen Nationen sind Sicherheitsrisiken – das hat die Tagung in Hamburg 2017 gezeigt. Das Treffen wurde von Gewalttaten überschattet, die Polizei verlor in der Stadt zeitweise die Kontrolle, trotz rund 30.000 Einsatzkräften. Das Sicherheitskonzept der Polizei geriet massiv in die Kritik.
In Elmau ist das anders. Das Schloss liegt auf einem Berg in 1000 Meter Höhe, isoliert und abgezäunt, mit 16 Kilometern Abspergroße rung. Die Regierenden reisen per Hubschrauber an, sofern das Wetter passt. Der Protest wird vom Tagungsort abgedrängt, nach München oder maximal Garmisch-Partenkirchen. Schon 2015 verlief der G7-Gipfel auf Schloss Elmau ohne
Eskalation auf der Straße.
Und dennoch: Die Vorbereitungen der Sicherheitsbehörden laufen seit Monaten. Seit Dezember stimmen sich Polizei und Nachrichtendienste im „Gemeinsamen Extremismusund Terrorismusabwehrzentrum“in Berlin ab. Seit Mitte Juni kontrolliert die Polizei die Grenzen zu Österreich, will bekannte gewaltbereite Extremisten ausfindig machen.
Vor Ort in Elmau sind auch „alle Kräftereserven“der Bundespolizei. Zudem sind 2000 Beamte für das Bundeskriminalamt im Einsatz – dazu zählen allerdings auch Hilfskräfte etwa vom Zoll.
Die Innenexpertin der Linken im
Bundestag, Martina Renner, übt scharfe Kritik an der Abschottung des Gipfels und dem hohen Aufwand: „Der finanzielle und personelle Aufwand zur Sicherung des Gipfels ist enorm, da ist jedes Maß verloren gegangen“, sagte sie unserer Redaktion.
Für die Tage des Gipfels haben Gegner zahlreiche Proteste angemeldet. Doch direkt am Tagungsgelände ist nur eine kleine Kundgebung genehmigt. Mehrere Zehntausend Menschen wollen am Sonnabend in München demonstrieren. Ein „großer, bunter und familienfreundlicher Demo-Zug“, wie der Veranstalter sagt. So wie schon 2015. Damals verlief alles friedlich.