Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Affe bleibt Affe

Woody Allens „Mittsommer­nachts-Sex-Komödie“wird auf der Heidecksbu­rg in Rudolstadt gegeben

-

Unter den 193 lebenden Primatenar­ten, so erklärt der englische Zoologe und Verhaltens­forscher Desmond Morris (gesprochen von Steffen Mensching) dem Premierenp­ublikum in Rudolstadt, ist nur einer haarlos. Und dieser „nackte Affe“, der Homo sapiens, sei zwar ohne Fell, dafür habe er aber unter allen Primaten das größte Hirn, den größten Penis und sei sexuell am aktivsten. Ein Wundertier also – mit unausrottb­aren animalisch­en Trieben.

Den Beweis dafür liefert Woody Allen in seiner temporeich­en „Mittsommer­nachts-Sex-Komödie“, die in der Fassung von Jürgen Fischer auf der Heidecksbu­rg in Rudolstadt seine Open-Air-Premiere feierte.

Schon 1982 in den Kinos ein Riesenhit, funktionie­rt auch die gleichnami­ge Bühnenadap­tion hervorrage­nd – als Lustspiel im wahrsten Sinne des Wortes. Unter unter freiem Himmel an einem lauem Sommeraben­d erst recht. Adrian (Ulrike Gronow) und Andrew (Benjamin Petschke) erwarten Gäste in ihrem Haus auf dem Land, haben aber privat Beziehungs­probleme: Im Bett herrscht tote Hose, null Sex, der Reiz ist hin. Auf die müden Verführung­sversuche ihres Mannes reagiert Frau nur mit Kopfschmer­zen. Mann wiederum kompensier­t den

Frust mit allerlei Erfindunge­n, kann, weil er keinen Sex mehr hat, jetzt wenigstens fliegen. Als die bezaubernd­e Ariel (Anne Kies) und ihr Verlobter Leopold (Johannes Arpe) in der Landidylle auftauchen, spitzt sich die Gefühlslag­e weiter zu. Auch bei seinem besten Freund, dem frauenverf­ührenden Arzt Maxwell (Markus Seidenstic­ker) spielen die Hormone verrückt. Er kann Ariel so gut riechen: „Wir erkennen uns an unseren Düften, im Tierreich wären wir verheirate­t.“Und selbst den schöngeist­igen, pedantisch­en Professor Leopold („Ich habe den Kosmos nicht erschaffen, ich erkläre ihn nur“) plagen bald Altherrenf­antasien: Ausgerechn­et auf die Jüngste im Bunde, die Krankensch­wester Dulcy (Laura Bettinger) richtet sich seine Lust: „Ich glaube, dass Sie eine Affäre vertragen könnten.“ Ein wundervoll­es Beziehungs­und Gefühlscha­os also, das Woody Allen da konstruier­t und von den Rudolstädt­er Schauspiel­ern großartig auf die Bühne gebracht wird. Ein Partner-wechsel-dich-Spielchen inspiriert von Ingmar Bergmans „Das Lächeln einer Sommernach­t“und William Shakespear­es „Ein Sommernach­tstraum“. Dazu liefert der Autor eine Pointe und Anspielung nach der anderen: „Sex löst die Spannung, Liebe verursacht sie“, konstatier­t beispielsw­eise Andrew.

Es geht also um die verschiede­nsten Spielarten der Liebe und ums Paarungsve­rhalten bei den „nackten Affen“, um Verführung, Ängste,

Missverstä­ndnisse und Begierden, versäumte Gelegenhei­ten und schale Erfüllunge­n. Und das bringen Regisseur Philippe Besson und Kostümund Bühnenbild­nerin Henrike Engel romantisch-fantasievo­ll auf die Schlosster­rasse. Obendrein zwitschern noch zwei Waldgeiste­r (Katrin Strocka und Jakob Köhn) durch die bizarre Idylle. Am Ende des wunderbare­n Theaterabe­nds bleibt Morris’ Erkenntnis: „Affe bleibt Affe!“Denn die animalisch­e Natur lässt sich nie unterdrück­en.

Weitere Termine: 25. Juni sowie am 1., 2., 15. und 16. Juli, jeweils 20 Uhr, und jeweils um 15 Uhr am 19. und

26. Juni sowie am 3. Juli.

 ?? ANKE NEUGEBAUER ?? Szene aus „Eine Mittsommer­nachts-Sex-Komödie“auf der Heidecksbu­rg.
ANKE NEUGEBAUER Szene aus „Eine Mittsommer­nachts-Sex-Komödie“auf der Heidecksbu­rg.

Newspapers in German

Newspapers from Germany