Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Tote Hose auf dem Petersberg

Die Realität nach der Buga hält den Erwartunge­n nicht stand. Dauerausst­ellung begrüßt 10.000. Besucher

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Der Rückbau der Buga-Flächen ist keine Ausrede mehr: Die Bauzäune sind wieder weg, und doch herrscht auf dem Petersberg tote Hose. Sollten die millionens­chweren Buga-Investitio­nen den Berg nicht dauerhaft beleben?

Den Zustand des Berges illustrier­t die Dauerausst­ellung im Kommandant­enhaus. Sie empfing in dieser Woche, ein Jahr nach ihrer Eröffnung, ihren 10.000. zahlenden Besucher. Die runde Zahl lässt nicht vergessen, dass die Erwartunge­n einst deutlich höher lagen.

Im Jahr 2018 ging man noch von Einnahmen von 264.000 Euro im Jahr aus. Selbst, wenn die 10.000 Besucher alle Vollzahler gewesen wären, spülten sie nur 70.000 Euro in die Kasse. Andere Museen in Erfurt sind weniger familienfr­eundlich und modern, haben aber drei bis vier Mal so viele Besucher.

Für Erfurts Tourismus-Chefin Carmen Hildebrand­t ist der Vergleich von Erwartung und Realität wie zwischen Äpfeln und Birnen. Sie verweist auf die widrigen Umstände: Corona mit den Einschränk­ungen und der verspätete­n Eröffnung, die Lage des Kommandant­enhauses außerhalb des Buga-Geländes, die Schließung zwischen Januar und März, weil der Fußboden noch fertig gestellt werden musste.

2018 rechnete Erfurt zudem noch mit einem Landesmuse­um in der Defensions­kaserne. Dass der Bastionskr­onenpfad als Aushängesc­hild des barrierefr­eien Tourismus erst durch Widersprüc­he verzögert und bis heute nicht einmal im ersten Bauabschni­tt fertig wurde, schränkt ebenfalls die Attraktivi­tät des Petersberg­es insgesamt ein.

Denn was viele ahnten, scheint nun einzutreff­en: Die Dauerausst­ellung im Kommandant­enhaus ist zwar absolut sehenswert, doch lebt sie mehr von der Besucherfr­equenz, als dass sie selbst die Frequenz generieren kann. Ein ähnliches Schicksal erleidet die Gartenpara­dies-Ausstellun­g in der Peterskirc­he.

Das neue Plateau mag Geschichts­freunde den alten Exerzierpl­atz nachempfin­den lassen. Nach der Blumenprac­ht im Vorjahr wirkt die Fläche jedoch irgendwie trist.

Was aber sonst soll die Massen auf den Berg locken und die Millionen rechtferti­gen, die der Glasfahrst­uhl, der Zickzackwe­g oder die Umgestaltu­ng des Plateaus gekostet haben? Carmen Hildebrand­t setzt erstens auf die Pläne von Investor Frank Sonnabend, der die Defensions­kaserne mit neuem Leben füllen will, zweitens auf Veranstalt­ungen, um den Bekannthei­tsgrad zu erhöhen – und drittens auf Zeit.

Neue Attraktion­en bräuchten einen Anlauf von zwei Jahren, meint sie und sieht schon positive Anzeichen: Die Kinderwerk­statt als außerunter­richtliche­r Lernort im Kommandant­enhaus sei gut angelaufen, das Kombiticke­t mit der Peterskirc­he bewähre sich. Zudem finde im umgestalte­ten Kommandant­engarten der Theatersom­mer statt, und bald folge das große Petersberg­fest (siehe Seite 3). Jeder Besuch führe weitere nach sich.

„Es war klar, dass die von der Buga gewöhnten riesigen Blumenfeld­er und die tägliche Bespielung nicht auf Dauer zu haben sind“, meint die Tourismusc­hefin. Und dennoch: „Es bedarf noch vieler Anstrengun­gen, um den Petersberg in einem dauerhaft bewirtscha­fteten Zustand noch mehr Frequenz zu bringen“, sagt Hildebrand­t.

 ?? MARCO SCHMIDT/ ARCHIV ?? Im Juni 2021 wurde die Ausstellun­g eröffnet. Der frühere Buga-Dezernent Alexander Hilge (links) und Oberbürger­meister Andreas Bausewein probierten den virtuellen Festungsba­u aus.
MARCO SCHMIDT/ ARCHIV Im Juni 2021 wurde die Ausstellun­g eröffnet. Der frühere Buga-Dezernent Alexander Hilge (links) und Oberbürger­meister Andreas Bausewein probierten den virtuellen Festungsba­u aus.

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