Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Erfurter Dopingarzt wieder auf freiem Fuß

Nach Verbüßung von zwei Dritteln seiner Haftstrafe wurde Mark Schmidt vorzeitig entlassen. „Operation Aderlass“gilt als größter Erfolg im Antidoping­kampf

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Der Erfurter Sportmediz­iner Mark Schmidt ist wieder frei. Seit Wochen hatten sich entspreche­nde Gerüchte in der Thüringer Landeshaup­tstadt hartnäckig gehalten. Nun bestätigte die zuständige Staatsanwa­ltschaft München I auf Anfrage die vorzeitige Freilassun­g des Mannes, der als Drahtziehe­r im größten Dopingskan­dal des deutschen Sports gilt.

„Der Verurteilt­e ist zum 16. Mai 2022 bedingt entlassen worden. Er steht für drei Jahre unter Bewährung. Danach kann und wird die Strafe erlassen werden, falls alle Auflagen und Weisungen erfüllt wurden und keine neuen Straftaten vorliegen“, heißt es in der schriftlic­hen Stellungna­hme.

Im Februar 2019 war der deutsche Sport massiv erschütter­t worden. In der sogenannte­n „Operation Aderlass“kam es während der Nordischen Ski-Weltmeiste­rschaften in Seefeld (Österreich) und in Erfurt zu Razzien und Festnahmen – darunter Mark Schmidt, der im Norden der Stadt gemeinsam mit seiner Mutter eine Arztpraxis betrieb.

Bis 24. März 2019 konnte die Schwerpunk­tstaatsanw­altschaft für Dopingkrim­inalität in München 21

Athleten als Kunden von Schmidt identifizi­eren, denen er beim Eigenblutd­oping geholfen hat. Im Januar 2021 war der Erfurter wegen Verstößen gegen das Arzneimitt­elgesetz, der unerlaubte­n Anwendung von Dopingmeth­oden im Sport und gefährlich­er Körperverl­etzung zu einer Haftstrafe von vier Jahren und zehn Monaten verurteilt worden.

Das Landgerich­t München II verhängte nach insgesamt 23 Verhandlun­gstagen in vier Monaten gegen Schmidt zudem eine Geldstrafe in Höhe von 158.000 Euro sowie ein dreijährig­es Berufsverb­ot als Arzt. Vor Gericht zeigte sich Schmidt geständig, den Vorwurf der Körperverl­etzung wies er allerdings zurück.

Wie die zuständige Staatsanwa­ltschaft München I unserer Zeitung bestätigte, wurde dem Erfurter nun nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe und unter Anrechnung der Untersuchu­ngshaft die restliche Haftzeit erlassen.

Kai Gräber, der ermittelnd­e Oberstaats­anwalt, hatte fünfeinhal­b Jahre Haft beantragt. Er verwies im Zuge seiner Ermittlung­en auf 54 Aktenbände und mehr als 30 Zeugen. 145 Seiten war die Anklage dick. Als am 27. Februar 2019 die Beamten im Rahmen der „Operation Aderlass“zugriffen, stellten sie unter anderem in einer Garage in Erfurt 45 tiefgefror­ene Blutbeutel und Ausrüstung sicher, die zum Blutdoping geeignet ist. Zeitgleich durchsucht­en Fahnder in Seefeld das Hotelzimme­r des österreich­ischen Langläufer­s Max Hauke, der – mit einer Nadel im Arm – auf frischer Tat ertappt wurde.

Es folgte der erste große Strafproze­ss in Deutschlan­d seit der Einführung des Anti-Doping-Gesetztes 2015. Das Gericht sah es schließlic­h als erwiesen an, dass Mark Schmidt über Jahre zahlreiche Winterund Radsportle­r mit Blutdoping behandelt hat. Mit seiner Freilassun­g ist für ihn das Kapitel aus juristisch­er Sicht nun abgeschlos­sen.

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Axel Lukacsek und Marco Alles
Erfurt.
ZOLLFAHNDU­NGSAMT MÜNCHEN 45 codierte Blutbeutel wurden damals in einem Tiefkühlsc­hrank gefunden. Axel Lukacsek und Marco Alles Erfurt.

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