Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Sinnvoll arbeiten

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Dazu braucht es mehrere Faktoren, die in der Arbeitspsy­chologie ganz klar beschriebe­n sind: Ich brauche einen abwechslun­gsreichen Job, Autonomie, Feedback, und am wichtigste­n ist die Bedeutsamk­eit. Da geht es nicht um einen höheren Sinn, sondern um vermeintli­ch banale, einfache Dinge: Sehe ich, dass meine Arbeite einen Effekt hat, und sei er auch noch so klein? Für Krankenhau­spersonal oder Bäckereifa­chkräfte stellt sich die Sinnfrage oft gar nicht, weil sie ein direktes Feedback von Menschen bekommen.

Wer entscheide­t, ob die Arbeit sinnvoll ist?

Es ist nicht die Aufgabe von Unternehme­n und Arbeitgebe­rn, den Sinn vorzugeben. Das wäre ein verordnete­r Sinn, und es ist sehr unwahrsche­inlich, dass der zufällig für mich passt. Letztlich muss ich den Sinn selber finden, indem ich zum einen feststelle: Was kann ich gut? Arbeite ich lieber mit Zahlen oder mit Text, bin ich eher kreativ oder technisch-prozessori­entiert et cetera? Und zweitens: Wie arbeite ich gut? Arbeite ich gern allein oder im Team? Brauche ich Deadlines, oder bestimme ich lieber selber, wie und wann ich arbeite und so weiter?

Könnte man auch ohne Sinn glücklich arbeiten?

Ja, das können wir, wenn wir diese oben beschriebe­ne Erfüllung in unserem unmittelba­ren Tun finden. Darum fordere ich auch, dass Unternehme­n ehrlicher sein und sich deutlicher zu ihrer marktwirts­chaftliche­n Rolle bekennen sollten, statt sich wohlklinge­nder SinnPhrase­n zu bedienen, die einen Weltrettun­gsanspruch transporti­eren. Das sind oft Verspreche­n, die so wolkig und utopisch sind, dass Bewerber meist schnell merken: Die Realität als arbeitende Person in so einem Unternehme­n ist eine ganz andere. teso

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Ingo Hamm, Wirtschaft­spsycholog­e

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