Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Entspannte Tage zwischen zwei Jobs
Urlaub, Weiterbildung oder Faulenzen: Tipps, wie man den Übergang von der alten zur neuen Stelle sinnvoll überbrückt
Viele Stellen in Deutschland sind unbesetzt, die Wechselbereitschaft unter den Beschäftigten ist groß. Wer den Sprung in einen neuen Job wagt, startet dabei nicht immer lückenlos in ein neues Anstellungsverhältnis. Manchmal liegen zwischen dem letzten Arbeitstag im alten und dem ersten Arbeitstag im neuen Job Wochen oder ein paar Monate – vorausgesetzt, man kann sich das leisten. Doch was treibt man in der Übergangsphase?
„Bis vor einiger Zeit wäre dieses Thema gar keine Frage gewesen“, sagt die Münchner Psychologin und Karriereberaterin Madeleine Leitner. Da sei allein der Wunsch unvorstellbar gewesen, Leerlauf zwischen zwei Jobs zu haben. „Da war das Menschenbild eben: Man arbeitet.“Auch heute gibt es der Karriereberaterin zufolge noch konservative Branchen, „da ist es wahrscheinlich noch immer die Ausnahme, dass man überhaupt überlegt, aus dem Muster auszuscheren“. Da starte man mit Ablauf der Kündigungsfrist beim neuen Arbeitgeber.
Allerdings, so Leitner, gebe es heute in vielen Bereichen einen Bewerbermarkt. Und das heißt: „Bewerberinnen und Bewerber diktieren die Regeln. Wenn man sich mal umguckt, wird ja fast überall gesucht.“Mit Blick auf den Lebenslauf sei daher eine Auszeit oder Lücke bis zu einem halben oder sogar einem ganzen Jahr „überhaupt keine Diskussion mehr“. Ob das dann als Sabbatical oder Weltreise gelabelt wird, ist der Karriereberaterin zufolge zweitrangig.
Auch Coach und Buch-Autor Nico Rose zufolge dürfen Arbeitnehmer hier „entspannt agieren“. Es sei heutzutage normal, dass Menschen zwischen zwei Anstellungen oder innerhalb eines Jobs ein Sabbatical einlegen. „Und das wissen auch die Unternehmen, zumindest jene, die mit guten Arbeitsbedingungen punkten wollen“, so Rose. Ein Zeitraum von einigen Wochen bis zu einem Jahr liege im grünen Bereich.
Noch längere Zeiträume sollte man sich laut Rose allerdings gut überlegen: „In manchen Branchen, ich denke zum Beispiel in Richtung
IT und Programmierung, ist die Halbwertszeit beruflicher Kompetenzen enorm kurz.“Hier sollte man den Eindruck vermeiden, in der Pause den Anschluss verloren zu haben.
Bei der Frage, was man nun in der Übergangszeit treibt, sieht Madeleine Leitner in den meisten Branchen keine Ausschlusskriterien. „Wer seine Karriere wirklich durchplant und eine strikte Vorstellung vom eigenen Arbeitsleben hat, kann die Zeit natürlich für eine Weiterbildung oder Qualifizierung nutzen.“
Genauso könne man aber verreisen, entspannen, ein Haus renovieren oder mal wieder Zeit mit der Familie verbringen, wenn die finanziellen Mittel dafür vorhanden sind. „Wichtig ist ein hohes Maß an Transparenz gegenüber dem zukünftigen Arbeitgeber“, sagt Nico Rose.
Wer eine Auszeit plausibel erklären will, sollte auf Rat von Madeleine Leitner herausstellen, dass diese am Ende auch dem Arbeitgeber zugutekommt. So könne man dem neuen Arbeitgeber vermitteln, dass eine Pause vor der Neuanstellung wichtig ist, um wieder Kräfte aufzubauen.
Die Ära, in der man eine solche Phase aktiv verkaufen muss, ist nach Einschätzung von Nico Rose aber ohnehin vorbei – „außer bei sehr hinterwäldlerischen Organisationen“. Man müsse die Weltreise auch nicht als Bildungsurlaub verklären. „Das war einmal.“
Steht man als Wunschkandidat nicht zum Wunschzeitpunkt bereit, wollen Arbeitgeber oft Kompromisse aushandeln. Sie lassen sich auf einen späteren Eintrittstermin ein, wenn der oder die Neue vor Vertragsbeginn schon einmal an einem Schulungstermin teilnimmt oder bei einem ersten Einführungstermin dabei ist. Madeleine Leitner zufolge tut man gut daran, hier wechselseitige Erwartungen offen zu besprechen. „Womöglich ist ja wirklich Not am Mann und schon fünf Minuten meiner Expertise helfen enorm weiter.“Wer sich weigert, obwohl es eigentlich problemlos einzurichten wäre, trägt nur bedingt zu einem positiven Start bei.
Wer sich zwischen zeitlich arbeitssuchend und arbeitslos meldet, sollte bedenken, dass man damit nicht zuletzt auch sogenannte Meldepflichten gegenüber der Arbeitsagentur hat. So müsse man zum Beispiel sicherstellen, täglich seine Post einsehen zu können, um gegebenenfalls Aufforderungen der Arbeitsagentur nachkommen zu können. „Auch Reisen müssen von der Arbeitsagentur genehmigt werden und sind nur sehr begrenzt möglich“, erklärt Malin Hochscheid, Juristin und Beraterin bei der Arbeitskammer des Saarlandes. Daneben müssen Bewerbungen geschrieben oder Bewerbungstrainings absolviert werden. Diese Punkte gilt es vor der vermeintlich freien Zeit genau abzuklären.