Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Noch nicht mal geliefert - aber schon teurer
Möbel, Auto, Wohnmobil: bei Produkten mit langer Lieferzeit droht eine Kostenfalle - Was Kunden beim Kauf unbedingt wissen müssen
Die Preise steigen und steigen, die Inflation liegt bei fast acht Prozent. Das bekommen auch viele Kundinnen und Kunden zu spüren, die Produkte mit langen Lieferzeiten wie etwa Wohnmobile, Autos oder Möbel bestellen. Wer jetzt eine höhere Rechnung zahlen soll als ursprünglich im Vertrag vereinbart, ist gut beraten, ins Kleingedruckte zu schauen. Verbraucher müssen sich nicht alles gefallen lassen.
Es gibt sogenannte Preisanpassungsklauseln. Sie erlauben den Unternehmen, die Preise nachträglich zu erhöhen – aber nur unter bestimmten Bedingungen. Durch die weltweiten Lieferengpässe, ausgelöst durch die Pandemie in China und den Krieg in der Ukraine, wird das immer mehr zum Problem. „Die Kombination von Lieferschwierigkeiten und allgemeinen starken Preiserhöhungen gab es früher weniger, die Verbraucher sollten sich jetzt aber darauf einstellen, davon betroffen sein zu können“, rät Julia Gerhards, Rechtsreferentin der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz.
Es sind dabei grundsätzlich zwei Fälle zu unterscheiden: Nach dem Gesetz unwirksam sind vertragliche Klauseln, die eine Preiserhöhung vorsehen für Waren und Leistungen, welche innerhalb von vier Monaten nach Vertragsschluss geliefert oder erbracht werden sollen (BGB § 309 Absatz 1). Das bedeutet: Bei Verträgen mit einer geplanten Lieferung in dieser Frist sind die Kunden auf der sicheren Seite. „Es bleibt hier kein Raum für irgendwelche Preiserhöhungen. Grundsätzlich gilt: Vertrag ist Vertrag“, erläutert Verbraucherschützerin Gerhards. Ausgenommen sind sogenannte Dauerschuldverhältnisse, etwa Gas- oder Stromverträge.
Heikel kann es hingegen werden bei Lieferfristen von mehr als vier
Monaten. Für diese Verträge sind Klauseln über nachträgliche Preiserhöhungen in den Vertragsbedingungen grundsätzlich erlaubt. Sie geben den Unternehmen die Möglichkeit, auf unerwartete Verteuerungen, die sie selbst treffen, zu reagieren und die gestiegenen Preise auf die Kunden umzulegen.
Das bringt auch einen gewissen Vorteil mit sich: Die Firmen können mit geringerem Risikozuschlag kalkulieren.
Aber: Die Regelungen dürfen die
Verbraucher „nicht unangemessen benachteiligen, andernfalls sind die Klauseln unwirksam. Der Kunde muss die Preisänderung nachvollziehen und überprüfen können – es gilt also das Gebot der Transparenz“, heißt es beim Bundesjustizministerium. Die Klausel müsse an Kostenelemente anknüpfen, die der Verbraucher kennt oder mit zumutbaren Mitteln in Erfahrung bringen kann. Unwirksam sind dem Ministerium zufolge daher Klauseln, die etwa „eine Preiserhöhung der Vorliefese der Kunde zudem die Möglichkeit haben, vom Vertrag zurückzutreten. Nach Gerichtsurteilen gelte dies bei Preisaufschlägen ab etwa fünf Prozent. „Das gibt dem Verbraucher wiederum Sicherheit. Das Unternehmen muss ihm geleistete Vorauszahlungen dann erstatten. Eine andere Frage ist es, ob jemand auch tatsächlich zurücktreten will“, so Gerhards.
Beispiel Wohnmobile: Nach Angaben des ADAC berichten viele Käuferinnen und Käufer, dass ihnen „eine teilweise massive Preissteigerung von mehreren Tausend Euro“angekündigt worden sei. Außerdem sollten sie einer nochmaligen Lieferverzögerung zustimmen. Zur Rechtmäßigkeit bei einer vereinbarten Lieferfrist von mehr als vier Monaten sagt der ADAC: „Die derzeitigen Preiserhöhungen der Wohnmobilhersteller darf der Verkäufer nur an den Käufer weitergeben, wenn die Gründe nach Vertragsschluss eingetreten sind und für den Verkäufer nicht vorhersehbar waren. Gerade der Einkaufspreis gehört aber typischerweise zum unternehmerischen Risiko des Händlers.“
Die Schreiben beinhalten laut Autoclub das Angebot eines Rücktritts vom Vertrag oder einer Vertragsaufhebung. Das Problem: Urlaubsfahrzeuge sind extrem begehrt, und dieses Angebot „für die meisten Käufer keine echte Alternative, weil sie schon lange auf das ersehnte Wohnmobil gewartet haben“, so der ADAC. Und der nächste Kunde stehe dann schon parat.