Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Aus dem Tunnel der Zeit heraus
Tag der offenen Tür mit Stadtgoldschmiedin Sarah Ordóñez und weiteren Künstlern in den Erfurter Künstlerwerkstätten
Kaum zu glauben, aber die Suche begann auf dem Erfurter Schrottplatz. Mandy Rasch, Mitglied des Verbandes Bildender Künstler Thüringens, begleitete die Erfurter Stadtgoldschmiedin Sarah Ordóñez, als sie kurz nach deren Ankunft in der Landeshauptstadt Material für ihre künftigen Schmuckstücke aufspüren wollte.
Stahlrohr erkor die mexikanische Künstlerin als Mittel ihrer Wahl, um daraus Colliers, Ohrringe und andere Arbeiten zu schaffen. Einen Teil davon präsentierte die junge Künstlerin gestern während eines Tages der offenen Tür in den Künstlerwerkstätten
im Rieth. Nach ihrem Abschluss als Master of Art „Zeitgenössischer Schmuck und Körperschmuck“an der Alichimia Contemporary Jewellery School in Florenz 2021 ging sie, auch bedingt durch Corona, zurück in ihre mexikanische Heimat. Mit der Bewerbung für das Amt der Erfurter Stadtgoldschmiedin fand sie gewissermaßen „aus dem Tunnel der Zeit heraus“, wie sie es gestern formulierte. Dazu trugen auch mannigfaltige Kontakte mit anderen Künstlern in den Werkstätten in der Lowetscher Straße unter der Leitung von Mandy Rasch bei. Allerdings waren das keine Goldschmiede wie sie, sondern etwa Bildhauer und Emaillierer.
Darunter eine Gruppe aus den Niederlanden, mit der sie gemeinsam einen Workshop gestaltete. Sie bewunderte deren hartes Arbeiten, holte sich gleichzeitig Inspirationen für ihre Schmuckgestaltung.
In ihrem „Erfurt-Tagebuch“schreibt Sarah Ordóñez tief schürfende Gedanken nieder. Zum Beispiel: „Wir können nicht alles von allen Seiten aus sehen. Ich muss mich für eine Seite entscheiden.“Diese und ähnliche Gedankenspiele finden sich früher oder später in den Ideen für ihre Arbeiten wieder, erschließen sich allerdings erst durch das Gespräch mit der Künstlerin. Dabei hält sie mit ihrer kritischen und sozialkritischen Haltung nicht hinterm Berg; setzt sich etwa mit dem weit verbreiteten Masochismus in ihrer Heimat unter dem Motto „Mein Körper – meine Stimme“auseinander.
Es sei jedes Mal eine Suche – die Suche nach Gedanken und die Suche nach zeitgemäßer Umsetzung, so die mexikanische Künstlerin.
Am Samstag, 30. Juli, können die Arbeiten der Erfurter Stadtgoldschmiedin im Foyer des Angermuseums bewundert werden. Dort öffnet um 16 Uhr eine Ausstellung von und mit Sarah Ordóñez.