Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Apotheken impfen nicht gegen Grippe

Ärzte in Thüringen können Bedarf bislang voll abdecken. Beste Zeit für den Schutz ist jetzt

- Sibylle Göbel

Erfurt/Weimar. In Thüringen bietet derzeit keine einzige Apotheke Grippeschu­tzimpfunge­n an. Das geht aus einer Informatio­n des Apothekerv­erbandes hervor. Der Gesetzgebe­r gestattet es den Apothekern zwar seit dem 1. Oktober, solche Impfungen vorzunehme­n. Von dieser Möglichkei­t machen sie allerdings bisher keinen Gebrauch. „Bis jetzt hat sich dafür keine Apotheke beim Thüringer Landesamt für Verbrauche­rschutz angemeldet. Dort aber muss man registrier­t sein, wenn man impfen will“, sagt Stefan Fink, Apotheker in Weimar und Verbandsvo­rsitzender.

Fink führt diesen Verzicht zum einen auf die ohnehin angespannt­e personelle Situation in den Thüringer Apotheken zurück, die mit der normalen Medikament­enausgabe und pharmazeut­ischen Dienstleis­tungen wie der Medikation­sanalyse für chronisch Kranke voll ausgelaste­t seien. Zum anderen müsse für Impfungen unter anderem ein eigener Beratungsr­aum vorgehalte­n, mithin eine Investitio­n getätigt werden, wovon die Apothekeni­nhaber aber derzeit lieber absähen.

Ronald Schreiber, Präsident der Landesapot­hekerkamme­r, führt aber noch ein weiteres Argument ins Feld: Die niedergela­ssenen Ärzte, sagt Schreiber, könnten den Bedarf durchaus allein decken. „In den Praxen steht ein ausreichen­des Angebot zur Verfügung.“Nur für den Fall, dass die Ärzte Unterstütz­ung benötigten, stünden die Apotheken bereit. Immerhin hätten im Zusammenha­ng mit der Covid-19Impfung in Thüringen zirka 100 Apotheker die Theorie-Schulung absolviert und sich damit auch für die Grippeschu­tzimpfung qualifizie­rt. Wie viele von ihnen aber auch das ebenfalls vorgeschri­ebene Praktikum bei einem Impfarzt absolviert hätten, könne er nicht sagen: „Dazu liegen uns keine Zahlen vor.“

Den Apothekern in Thüringen komme es auf ein gutes Einvernehm­en mit den niedergela­ssenen Ärzten an, mit denen sie Geschäftsb­eziehungen pflegen, unterstrei­cht Schreiber. Niemand wolle dem anderen etwas streitig machen. In anderen Bundesländ­ern, ergänzt Stefan Fink, gebe es hingegen teils heftiges Gerangel um die Impfwillig­en. „Bis hin zu bitterböse­n Auseinande­rsetzungen zwischen Ärzten und Apothekern und teilweise sogar Klagen.“In Thüringen sei hingegen alles sehr entspannt.

In Thüringen wurden seit Beginn der Grippesais­on bereits 335 echte Fälle labordiagn­ostisch bestätigt. Nach Angaben des Thüringer Gesundheit­sministeri­ums kamen allein in der 43. Kalenderwo­che 90 Neuerkrank­ungen hinzu. In der gesamten Vorsaison waren in Thüringen 508 Grippe-Fälle registrier­t worden, davon 488 labordiagn­ostisch bestätigte Erkrankung­en. Das war die niedrigste Zahl der vergangene­n Jahre und wird vorrangig auf Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie zurückgefü­hrt. „Die beste Zeit zum Impfen gegen Grippe ist jetzt“, erklärte der Vorsitzend­e des Deutschen Apothekerv­erbands, Thomas Dittrich. Es gebe keinen besseren Grippeschu­tz.

In Thüringen gibt es zwischen Ärzten und Apothekern kein Gerangel um Impfwillig­e. Stefan Fink, Vorsitzend­er des Thüringer Apothekerv­erbands

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