Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Zum Prozess nach Niedersachsen
Staatsschutz-Verfahren des Thüringer Oberlandesgerichts sollen in Celle verhandelt werden
Erfurt. Thüringen will StaatsschutzVerfahren, die vom Generalbundesanwalt zum Oberlandesgericht angeklagt werden, auslagern. Mehr als dreieinhalb Autostunden von Jena, dem Sitz des Oberlandesgerichts, entfernt könnten diese Prozesse ab 2027 in Celle (Niedersachsen) stattfinden. Am Dienstag will Thüringens Justizminister Dirk Adams (Grüne) das Kabinett über die Vorbereitungen eines Staatsvertrages zwischen Thüringen und Niedersachsen informieren.
Ein Sprecher von Adams bestätigte auf Anfrage Informationen dieser Zeitung, dass das Thema im Kabinett behandelt wird, verwies allerdings darauf, dass der Vertrag erst in Kraft treten solle, wenn das neue Hochsicherheitsgebäude für das in Celle ansässige Oberlandesgericht Niedersachsen fertiggestellt ist.
Für den Fall, dass der Staatsvertrag zustande kommt, würden dann
Terrorverfahren in Zuständigkeit der Thüringer Justiz, bei denen der Generalbundesanwalt Anklage erhebt, in Celle verhandelt. Bereits seit 2016 verhandeln die Länder über die Einrichtung dieses „gemeinsamen Staatsschutz-Strafsenats“, wie es in der Kabinettsvorlage nach Informationen dieser Zeitung heißt. Allerdings hätten, heißt es weiter, „wechselseitige Regierungsneubildungen“verhindert, dass ein Ergebnis früher erzielt werden konnte. Erst 2021 waren die Verhandlungen über den gemeinsamen Senat wieder aufgenommen worden und sollen bis zum Jahresende zu einem Ergebnis führen.
Hintergrund sind die laufenden Haushaltsverhandlungen auf Bundesebene, die sich unmittelbar auf das Hochsicherheitsgebäude auswirken, das gerade gebaut wird und künftig Ort der Verhandlungen sein soll. Mit dem Abschluss des Staatsvertrages soll dem Bund signalisiert werden, dass es beiden Ländern mit dem Vorhaben ernst ist. Damit wird offenbar die Hoffnung verbunden, dass Bundesmittel in den Bau des Gebäudes investiert werden. Der Entwurf des Staatsvertrages sieht nach Informationen dieser Zeitung keine Kostenbeteiligung des Freistaates Thüringen am Neubau vor.
Bisher ein Verfahren nach Anklage vom Bundesanwalt
Mit einem gemeinsamen Staatsschutzsenat würden Thüringen und Niedersachsen dem Beispiel anderer Bundesländer folgen. Die Länder Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern haben einen solchen Senat seit 2012.
Hintergrund für die geplante Errichtung des gemeinsamen Senates ist vor allem, dass immense Kosten entstehen würden, um ein Gebäude zu errichten, das über die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen verfügt, die für solche Prozesse notwendig sind. Thüringen wäre auf lange Sicht, heißt es in der Begründung zur Kabinettsvorlage, verpflichtet, ein eigenes Hochsicherheitsgebäude zu errichten, damit derartige Verhandlungen hier durchgeführt werden können – allerdings für voraussichtlich nur wenige Verfahren, die in diesem Bereich geführt werden.
Die Anzahl der vom Generalbundesanwalt zum Oberlandesgericht in Thüringen erhobenen Verfahren ist gering. In einem Fall kam es zu einer Verhandlung. Ein 34-Jähriger wurde zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr verurteilt, weil er für den jordanischen Geheimdienst spioniert hat. Das Urteil wurde im Oktober 2019 rechtskräftig.