Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Wartburgkreis fällt der Botschaft in China auf
Schleuserprozess in Meiningen fortgesetzt
Meiningen. Der Hinweis kam 2018 aus der Deutschen Botschaft in China. Der dortigen Konsularabteilung sei aufgefallen, dass gehäuft Anträge für Aufenthaltstitel chinesischer Staatsbürger von der Ausländerbehörde im Wartburgkreis eingegangen waren. Die Bundespolizeiinspektion Kriminalitätsbekämpfung in Halle (Sachsen-Anhalt) wurde mit Ermittlungen beauftragt, erklärte am Montag die frühere Ermittlungsführerin als Zeugin am Landgericht in Meiningen. Es gab den Verdacht illegaler Aktivitäten.
Seit der Vorwoche muss sich eine gebürtige Chinesin wegen des Vorwurfs gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern verantworten. Die Anklage wirft ihr 26 Fälle vor. Die 58-Jährige hat sich bisher zu den Vorwürfen nicht geäußert. Allerdings forderte ihre Anwältin einen Freispruch. Aus Sicht der Verteidigung gab es angestrebte Geschäfte, die auch deshalb gescheitert seien, weil keine Aufenthaltstitel vergeben wurden.
Auch das Gericht reagierte skeptisch, ob die Anklage so zu halten ist. Denn nur in fünf der 26 Fällen erhielten Chinesen wirklich Aufenthaltstitel für Deutschland, die an ihre vorgeblichen geschäftlichen Aktivitäten im Wartburgkreis, speziell in Bad Liebenstein, gebunden waren. Alle anderen Anträge lehnte die zuständige Botschaft ab.
Aus Sicht der Zeugin hätten für die chinesischen Geschäftsleute normale EU-Visa ausgereicht. Spezielle Aufenthaltsgenehmigungen für Deutschland wären nicht erforderlich gewesen. Zudem kam die Bundespolizei zur Erkenntnis, dass die vorgegebenen GmbHs offenbar Briefkastenfirmen sein müssten, denn es fehlten geschäftlicher Postverkehr, entsprechende Kontobewegungen oder Termine mit Steuerberatern und Finanzbehörden.
Welche der angeklagten Fälle wirklich strafbar sind, muss das Gericht herausfinden. Wie schwierig das sein wird, zeigt der Vorwurf des Fahrens ohne Fahrerlaubnis gegen die Frau. Weil sie sich abgemeldet habe und aus Deutschland ausgereist sei, durfte sie nach ihrer Wiedereinreise ein halbes Jahr später, im August 2021, vorerst ihren chinesischen Führerschein auch in Thüringen nutzen. Dieser Anklagevorwurf scheint aus Sicht des Gerichts erledigt zu sein.