Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Washington mahnt Kiew zu Verhandlungen
USA warnen vor Kriegsmüdigkeit des Westens. Bidens Sicherheitsberater spricht mit Putin-Vertrauten
Washington/Berlin. Die US-Regierung ist offenbar hinter den Kulissen bemüht, eine Eskalation im Ukraine-Krieg auf jeden Fall zu vermeiden. Dabei wurde die Ukraine auch ermutigt, zu Verhandlungen mit Russland bereit zu sein. Die „Washington Post“berichtet unter Berufung auf US-Offizielle, dass die amerikanische Regierung auf nicht offiziellem Wege vor einer „Ukraine-Müdigkeit“in den Unterstützerländern gewarnt habe, sollte Kiew jegliche Gespräche ablehnen. Im Westen sei die Sorge groß, dass der russische Angriffskrieg mehrere
Jahre dauern könne. Dies würde wirtschaftliche Opfer wie hohe Energiepreise und Inflation nach sich ziehen. Die Mahnung sei nicht als Druck zu verstehen, betonten die amerikanischen Regierungsbeamten. Es handelt sich offenbar um einen Ansporn für eine Art taktische Offenheit. Wenn Kiew prinzipiell zu Verhandlungen bereit sei, sei die Wahrscheinlichkeit hoch, dass westliche Gesellschaften die Ukraine weiter unterstützten, erklärten die US-Offiziellen.
Bisher bleibt der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj konsequent bei seiner Position: Gespräche seien erst möglich, wenn Russland seine Truppen komplett von ukrainischem Boden abziehe – inklusive Krim und Donbass. Zudem hatte Selenskyj zuletzt erklärt, für ihn seien Gespräche erst möglich, nachdem Putin als Kremlchef abgelöst worden sei.
Zudem hat sich herausgestellt, dass der Nationale US-Sicherheits- berater Jake Sullivan seit geraumer Zeit mit Moskau eine hochkarätige Diplomatie abseits der öffentlichen Scheinwerfer führt. Wie das „Wall Street Journal“berichtet, hatte Sul- livan mehrfach Kontakt mit dem ehemaligen russischen Botschafter in Washington, Juri Uschakow. Auch zu Nikolai Patruschew, dem Chef des Sicherheitsrates der russi- schen Regierung, gebe es Kontakte. In beiden Fällen gehe es dem Wei- ßen Haus darum, den Gesprächs- draht zu Moskau nicht abreißen zu lassen und möglicherweise fatale Missverständnisse beidseitig auszu- schließen, heißt es.