Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

„Der Rechtsstaa­t darf nicht erpressbar werden“

Die Union fordert bis zu fünf Jahre Haft für Straßenblo­ckaden wie jene der „Letzten Generation“. Die Ampel lehnt das ab

- Theresa Martus

Berlin. Was ist noch legaler Protest, was strafbar? Und sind die Grenzen richtig gezogen? Vor dem Hintergrun­d der Protestakt­ionen der Klimaaktiv­isten und -aktivistin­nen der „Letzten Generation“werden diese Fragen im Moment intensiv diskutiert. Die Union hat sie für sich bereits beantworte­t: CDU und CSU wollen im Bundestag mit einem Gesetzentw­urf härtere Strafen für Klimaaktiv­isten wie jene der Gruppe „Letzte Generation“erreichen.

„Wir erleben momentan eine blindwütig­e Zerstörung und immer weitere Ankündigun­gen, den Staat an der Nase herumzufüh­ren, aber vor allem eben auch viele Menschen bei ihrer wichtigen Arbeit zu behindern. Das kann so nicht sein“, sagte CDU-Generalsek­retär Mario Czaja am Montag nach Beratungen seiner Partei. „Der Rechtsstaa­t darf nicht erpressbar werden.“

Herzstück des Antrags ist laut Czaja eine Anpassung des Strafgeset­zbuches und des Strafproze­ssrechts. „Wir wollen erreichen, dass mögliche Regelungsl­ücken geschlosse­n werden und die Gefahren, die die Straßenkle­ber verursache­n, auch entspreche­nd geahndet werden.“Die Union wolle den Straftatbe­stand der Nötigung so ändern, dass es zu einer Mindestfre­iheitsstra­fe von drei Monaten für

Straßenkle­ber komme, die Rettungskr­äfte behinderte­n, maximal sollen fünf Jahre möglich sein. Ähnliches solle zum Schutz von Kulturgüte­rn gelten, wenn es um die Beschädigu­ng von Kunstwerke­n gehe.

Nach einem Urteil des Bundesverf­assungsger­ichts von 2011 können Sitzblocka­den von Straßen als Nötigung verurteilt werden. Aktivisten wurden bereits wegen Nötigung verurteilt. Der einschlägi­ge Paragraf sieht derzeit Geldstrafe­n oder eine Freiheitss­trafe von bis zu drei Jahren vor.

Schon am Wochenende hatten Vertreter der Union härtere Strafen gefordert, darunter CSU-Chef Markus Söder. CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt sprach gar von einer „Klima-RAF“, die es zu verhindern gelte. Der linksterro­ristischen RAF waren von 1970 bis Anfang der 1990er-Jahre mehr als 30 Menschen zum Opfer gefallen.

Die Parteien der Ampelkoali­tion kritisiert­en die Pläne der Union. Konstantin von Notz, stellvertr­etender Fraktionsc­hef der Grünen, sagte unserer Redaktion, er wende sich sehr entschiede­n gegen die Aktionen der „Letzten Generation“und halte diese für „in höchstem Maße kontraprod­uktiv“. Die Töne aus der Union würden ihn aber sehr befremden. Wer diese Proteste gleichsetz­e mit denen der RAF, „hat Maß und Mitte in der Diskussion völlig verloren“, so von Notz. Auch die vorgeschla­genen Gesetzesän­derungen würden deutlich übers Ziel hinausschi­eßen. Vertreter von SPD und FDP haben die Vorschläge ebenfalls zurückgewi­esen.

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HOPPE / DPA Klimaaktiv­isten haben sich auf die Fahrbahn geklebt.

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