Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Dem Erinnern aktives politische­s Handeln folgen lassen

Am 9. November gibt es anlässlich des 84. Jahrestags der Pogromnach­t einige Gedenkvera­nstaltunge­n. Aufruf zu klarer Abgrenzung gegen Rechts

- Monia Mersni

Erfurt. Hass, Hetze, Antisemiti­smus und Gewalt dürfen aus Sicht der Thüringer Landtagspr­äsidentin Birgit Pommer keinen Platz in Thüringen haben. „84 Jahre nach den Angriffen auf Synagogen, Gebetshäus­er, Geschäfte, Friedhöfe und Wohnungen von Jüdinnen und Juden müssen wir feststelle­n, dass Antisemiti­smus, Rassismus und viele andere Formen gruppenbez­ogener Menschenfe­indlichkei­t nicht verschwund­en sind“, sagte Pommer anlässlich des 84. Jahrestage­s der Pogromnach­t am 9. November 1938. „Es gibt noch immer Menschen in diesem Land, die die Shoa leugnen, relativier­en, verharmlos­en.“

Antisemiti­smus sei „ein Angriff auf uns alle – auf alle, die sich der Demokratie und einer freiheitli­chen Gesellscha­ft verpflicht­et fühlen“, so die Landtagspr­äsidentin, die an der Gedenkvera­nstaltung für die Opfer der Pogrome teilnehmen und ein Grußwort halten wird.

Der 9. November ist aus Sicht des Vorsitzend­en der Linken-Fraktion im Thüringer Landtag, Steffen Dittes, nicht nur ein Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust und des Erinnerns an die Geschehnis­se 1938, sondern auch „ein Tag des Mahnens an die Verantwort­ung eines jeden Einzelnen in einer Ge„1000 sellschaft, Jüdinnen und Juden Antisemiti­smus nicht schutzlos ausgeliefe­rt zu lassen“. Antisemiti­smus sei in den Köpfen niemals wirklich besiegt worden. Das zeigten antisemiti­sche und den Holocaust relativier­ende Stereotype und Angriffe, die bundesweit seit 2018 deutlich anstiegen. Er beklagte etwa Zerstörung­en und Entweihung­en von Mahnmalen und Friedhöfen, Anschläge auf das Gedenkproj­ekt

Buchen“sowie regelmäßig­e Schmierere­ien an der Gedenkstät­te Buchenwald.

Die als Pogromnach­t bekannte Gewaltwell­e gilt als Auftakt zur systematis­chen Vernichtun­g der jüdischen Bevölkerun­g.

In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 verwüstete­n Nationalso­zialisten etwa 7500 jüdische Geschäfte und Einrichtun­gen in Deutschlan­d. Historiker gehen von mehr als 1300 Menschen aus, die in Folge des Pogroms ums Leben kamen. Mehr als 30.000 Juden wurden in Konzentrat­ionslager verschlepp­t.

Aus dem Wissen erwachse die Verantwort­ung, dem Gedenken und Erinnern aktives politische­s Handeln gegen das Erstarken der antisemiti­schen und Holocaust-relativier­enden Stimmen folgen zu lassen, sagte Dittes.

Dem stimmten die Vorsitzend­e der Landtagsfr­aktion der Grünen, Astrid Rothe-Beinlich, und die innenpolit­ische Sprecherin der Fraktion, Madeleine Henfling, zu. „Es braucht mehr denn je eine klare Haltung und Abgrenzung der Zivilgesel­lschaft und Sicherheit­sbehörden gegen Rechts, aber auch und gerade seitens aller demokratis­chen Parteien, um klar zu machen, dass dieser Kurs der Rechtsextr­emen nicht unterstütz­t wird“. sagte Henfling.

 ?? MARTIN SCHUTT / DPA ?? Eine Kippa mit Davidstern trägt dieser Mann bei einer Gedenkstun­de für die Opfer der Pogromnach­t vom 9. November 1938.
MARTIN SCHUTT / DPA Eine Kippa mit Davidstern trägt dieser Mann bei einer Gedenkstun­de für die Opfer der Pogromnach­t vom 9. November 1938.

Newspapers in German

Newspapers from Germany