Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Zwischen Herne und Heldrungen
Erfurter Herbstlese: Die Schauspiel-Brüder Wotan Wilke Möhring und Sönke Möhring erinnern sich an wilde Tage in New York und ihre Verbindung nach Thüringen
Erfurt. „Familie trägt man immer auf irgendeine Weise mit sich herum...“heißt es gleich auf den ersten Seiten dieser Doppel-Biografie. Die Brüder Wotan Wilke Möhring und Sönke Möhring – beide erfolgreiche Schauspieler – haben ein Buch geschrieben, das genau diese Verbindung erkundet. Am Donnerstag, 10. November, sind sie damit Gast der Herbstlese: um 19.30 Uhr im Atrium der Stadtwerke.
In der Kindheit im Naturidyll mit Fachwerkhaus bei Herne im Ruhrgebiet waren die Bande eher gering. Sönke ist sechs Jahr jünger als der 1967 geborene Wotan Wilke. „Die
Gemeinsamkeiten lagen so weit auseinander wie unsere Entwicklung und Interessen“, erinnert sich Wotan Wilke Möhring, der im Abitur an einer Waldorfschule ein Praktikum in einer sozialen Einrichtung in den USA macht. 1986 ist das.
Regelmäßig bei der Polizei melden und Stempel abholen
Später wird daraus für die Brüder ein Aufenthalt in New York mit vielen Musik- und Drogenerfahrungen. So erklärt sich auch der Titel des Buches „Rausch und Freiheit“. Die Freiheit hat auch eine übertragene Bedeutung für die Familie.
Während im Sommer 1990 Deutschland zusammenfindet, trennen sich die Eltern der Brüder. Genau in der Phase der deutschen Einheit geht Sönke, Jahrgang 1972, in die USA. Dabei sei die Wende in Deutschland für die Familie ein bewegendes Ereignis gewesen, denn die väterliche Seite stammt aus Heldrungen. Bei Besuchen in der DDR sei das Auto an der Grenze fast auseinandergeschraubt worden. „Wenn wir in Heldrungen waren, mussten wir uns regelmäßig auf dem Polizeirevier melden und einen Stempel abholen, der jedes Mal zehn D-Mark Gebühr kostete.“
In New York begegnen sich die Brüder im doppelten Wortsinn: Sie erleben gemeinsame Abenteuer und nähern sich als Persönlichkeiten
an. Im Buch wird das schön mit verteilten Texten dargestellt, die die Sicht auf den anderen erhellen. Das hört sich ein bisschen nach einem Briefroman aus der Zeit der Aufklärung an. Tatsächlich ist der Erzählton reduziert auf den Inhalt, ganz schnörkellos.
Nach der Rückkehr nach Deutschland teilen sich die Brüder eine Wohnung im brodelnden Berlin. „Doch die eigentliche Quelle unseres Brudergefühls“sei immer New York geblieben, schreibt Wotan Wilke.