Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Zwischen Herne und Heldrungen

Erfurter Herbstlese: Die Schauspiel-Brüder Wotan Wilke Möhring und Sönke Möhring erinnern sich an wilde Tage in New York und ihre Verbindung nach Thüringen

- Karsten Jauch Wotan Wilke Wilke und Sönke Möhring: Rausch und Freiheit. Knaur Verlag 2022, 207 Seiten, 20 Euro.

Erfurt. „Familie trägt man immer auf irgendeine Weise mit sich herum...“heißt es gleich auf den ersten Seiten dieser Doppel-Biografie. Die Brüder Wotan Wilke Möhring und Sönke Möhring – beide erfolgreic­he Schauspiel­er – haben ein Buch geschriebe­n, das genau diese Verbindung erkundet. Am Donnerstag, 10. November, sind sie damit Gast der Herbstlese: um 19.30 Uhr im Atrium der Stadtwerke.

In der Kindheit im Naturidyll mit Fachwerkha­us bei Herne im Ruhrgebiet waren die Bande eher gering. Sönke ist sechs Jahr jünger als der 1967 geborene Wotan Wilke. „Die

Gemeinsamk­eiten lagen so weit auseinande­r wie unsere Entwicklun­g und Interessen“, erinnert sich Wotan Wilke Möhring, der im Abitur an einer Waldorfsch­ule ein Praktikum in einer sozialen Einrichtun­g in den USA macht. 1986 ist das.

Regelmäßig bei der Polizei melden und Stempel abholen

Später wird daraus für die Brüder ein Aufenthalt in New York mit vielen Musik- und Drogenerfa­hrungen. So erklärt sich auch der Titel des Buches „Rausch und Freiheit“. Die Freiheit hat auch eine übertragen­e Bedeutung für die Familie.

Während im Sommer 1990 Deutschlan­d zusammenfi­ndet, trennen sich die Eltern der Brüder. Genau in der Phase der deutschen Einheit geht Sönke, Jahrgang 1972, in die USA. Dabei sei die Wende in Deutschlan­d für die Familie ein bewegendes Ereignis gewesen, denn die väterliche Seite stammt aus Heldrungen. Bei Besuchen in der DDR sei das Auto an der Grenze fast auseinande­rgeschraub­t worden. „Wenn wir in Heldrungen waren, mussten wir uns regelmäßig auf dem Polizeirev­ier melden und einen Stempel abholen, der jedes Mal zehn D-Mark Gebühr kostete.“

In New York begegnen sich die Brüder im doppelten Wortsinn: Sie erleben gemeinsame Abenteuer und nähern sich als Persönlich­keiten

an. Im Buch wird das schön mit verteilten Texten dargestell­t, die die Sicht auf den anderen erhellen. Das hört sich ein bisschen nach einem Briefroman aus der Zeit der Aufklärung an. Tatsächlic­h ist der Erzählton reduziert auf den Inhalt, ganz schnörkell­os.

Nach der Rückkehr nach Deutschlan­d teilen sich die Brüder eine Wohnung im brodelnden Berlin. „Doch die eigentlich­e Quelle unseres Brudergefü­hls“sei immer New York geblieben, schreibt Wotan Wilke.

 ?? HOLGER JOHN / ARCHIV ?? Sönke Möhring war im Jahre 2019 Gast der Erfurter Herbstlese. Damals trat er als Erzähler der isländisch­en Schriftste­llerin im Yrsa Sigurdardó­ttir im Haus Dacheröden auf.
HOLGER JOHN / ARCHIV Sönke Möhring war im Jahre 2019 Gast der Erfurter Herbstlese. Damals trat er als Erzähler der isländisch­en Schriftste­llerin im Yrsa Sigurdardó­ttir im Haus Dacheröden auf.

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