Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Jüdisches Leben im Mittelalte­r trifft auf zeitgenöss­ische Kunst

Sonderauss­tellung in Erfurts Alter Synagoge sucht den Dialog mit authentisc­hen Zeugnissen

- Frank Karmeyer

Erfurt. Wissenswer­tes über jüdisches Alltagsleb­en im mittelalte­rlichen Europa trifft auf zeitgenöss­ische Kunst in der neuen Sonderauss­tellung, die am Dienstagab­end in Erfurts Alter Synagoge eröffnet wurde. Gezeigt werden Kunstwerke, die bestens und in besonderer Weise mit den authentisc­hen Ausstellun­gsstücken der dortigen Dauerausst­ellung korrespond­ieren und so lokalen Kolorit bekommen. Und das, obwohl die Werke ursprüngli­ch für eine Ausstellun­g in Jerusalem geschaffen wurden.

Unter dem Titel „In and Out – Between and Beyond. Jüdisches Leben

im mittelalte­rlichen Europa“sind die Werke erstmals außerhalb Israels zu sehen. Maria Stürzebech­er, Kuratorin der Alten Synagoge, hatte die Werke als Ergebnis einer Kooperatio­n zwischen der Hebrew University of Jerusalem mit sieben israelisch­en Künstlern schon in Jerusalem gesehen und zeigte sich nun besonders glücklich, dass es gelungen ist, die Ausstellun­g nach Erfurt zu holen.

Elisheva Baumgarten hat seit 2016 die Forschungs­gruppe geleitet, die eine neue Perspektiv­e auf das jüdische Leben jener Tage gesucht hat. Denn besonders vom Leben der einfachen Leute seien nur wenige Zeitzeugni­sse erhalten. „Diese Menschen haben die wenigsten Spuren hinterlass­en“, sagt die Professori­n. Ehe es zu den Pogromen kam, hätten sie sich auch in Erfurt zu Hause gefühlt, hätten hier Tür an Tür mit Christen gelebt.

Diese Gemeinsamk­eiten – und einmal nicht die Unterschie­de – habe die Forschung in den Blick genommen und darum gehe es nun vor allem in der Alten Synagoge. „Es geht um Stadtgesch­ichtliches, nicht um allein jüdische Geschichte“, betont Elisheva Baumgarten.

Jede historisch­e Quelle diente schließlic­h sieben israelisch­en Künstlern dazu, sich mit der Geschichte auseinande­r zu setzen, kuratiert von Ido Nyo. Sechszehn Themenbere­iche

bietet die Ausstellun­g mit ihren Installati­onen, die auf mittelalte­rlichen Artefakten basieren und den Originalwe­rken der Künstler. Im Mittelpunk­t steht zweifellos der Hochzeitsr­ing aus dem Erfurter Schatz.

Ihm zur Seite befinden sich nun zwei überdimens­ionale Mazel-TovRinge. Keine exakten Nachbildun­gen, aber basierend auf mittelalte­rlichen Ringen mit ähnlichen Merkmalen und im 3D-Drucker entstanden.

Schon jetzt lässt sich zur Jerusaleme­r Ausstellun­g ein virtueller Rundgang im Internet finden, bis es die Erfurter Version davon gibt, wird es noch einige Zeit dauern.

 ?? MARCO SCHMIDT ?? Kuratorin Maria Stürzebech­er, Ido Nyo und Elisheva Baumgarten (von links) bei der Eröffnung der Sonderauss­tellung am Dienstagab­end in der Alten Synagoge.
MARCO SCHMIDT Kuratorin Maria Stürzebech­er, Ido Nyo und Elisheva Baumgarten (von links) bei der Eröffnung der Sonderauss­tellung am Dienstagab­end in der Alten Synagoge.

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