Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Jüdisches Leben im Mittelalter trifft auf zeitgenössische Kunst
Sonderausstellung in Erfurts Alter Synagoge sucht den Dialog mit authentischen Zeugnissen
Erfurt. Wissenswertes über jüdisches Alltagsleben im mittelalterlichen Europa trifft auf zeitgenössische Kunst in der neuen Sonderausstellung, die am Dienstagabend in Erfurts Alter Synagoge eröffnet wurde. Gezeigt werden Kunstwerke, die bestens und in besonderer Weise mit den authentischen Ausstellungsstücken der dortigen Dauerausstellung korrespondieren und so lokalen Kolorit bekommen. Und das, obwohl die Werke ursprünglich für eine Ausstellung in Jerusalem geschaffen wurden.
Unter dem Titel „In and Out – Between and Beyond. Jüdisches Leben
im mittelalterlichen Europa“sind die Werke erstmals außerhalb Israels zu sehen. Maria Stürzebecher, Kuratorin der Alten Synagoge, hatte die Werke als Ergebnis einer Kooperation zwischen der Hebrew University of Jerusalem mit sieben israelischen Künstlern schon in Jerusalem gesehen und zeigte sich nun besonders glücklich, dass es gelungen ist, die Ausstellung nach Erfurt zu holen.
Elisheva Baumgarten hat seit 2016 die Forschungsgruppe geleitet, die eine neue Perspektive auf das jüdische Leben jener Tage gesucht hat. Denn besonders vom Leben der einfachen Leute seien nur wenige Zeitzeugnisse erhalten. „Diese Menschen haben die wenigsten Spuren hinterlassen“, sagt die Professorin. Ehe es zu den Pogromen kam, hätten sie sich auch in Erfurt zu Hause gefühlt, hätten hier Tür an Tür mit Christen gelebt.
Diese Gemeinsamkeiten – und einmal nicht die Unterschiede – habe die Forschung in den Blick genommen und darum gehe es nun vor allem in der Alten Synagoge. „Es geht um Stadtgeschichtliches, nicht um allein jüdische Geschichte“, betont Elisheva Baumgarten.
Jede historische Quelle diente schließlich sieben israelischen Künstlern dazu, sich mit der Geschichte auseinander zu setzen, kuratiert von Ido Nyo. Sechszehn Themenbereiche
bietet die Ausstellung mit ihren Installationen, die auf mittelalterlichen Artefakten basieren und den Originalwerken der Künstler. Im Mittelpunkt steht zweifellos der Hochzeitsring aus dem Erfurter Schatz.
Ihm zur Seite befinden sich nun zwei überdimensionale Mazel-TovRinge. Keine exakten Nachbildungen, aber basierend auf mittelalterlichen Ringen mit ähnlichen Merkmalen und im 3D-Drucker entstanden.
Schon jetzt lässt sich zur Jerusalemer Ausstellung ein virtueller Rundgang im Internet finden, bis es die Erfurter Version davon gibt, wird es noch einige Zeit dauern.