Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Puppenbauer Martin Gobsch lässt die Regentrude erwachen
Wegen des Storm-Märchens muss Erfurt auf Nibelungen und Sommernachtstraum noch warten
Erfurt. Erst war es eine Nackte mit vollen Lippen, zierlicher Nase und blankem Busen, die Martin Gobsch über Monate beschäftigte. Danach nahm ein böser Zauberer ihm die Zeit und nun ist es der Auftrag für eine weitere Märchenfigur, die dem Puppenbauer von der Krämerbrücke das Ein- und Auskommen sichert, gleichzeitig aber auch so beschäftigt, dass Teil 2 und 3 des mechanischen Theaters in der Marktstraße noch weitere Monate aufgeschoben sind.
„Bleiben Sie neugierig“, klebt als Aufforderung am besagten Schaufenster schon seit Anbeginn. Seit sich seit 2017 neben der Kinderbibliothek nach Euro-Einwurf der wackere Odysseus sich der Sirenen und des Zyklopen erwehrt, bittet Gobsch seine Zuschauer um Geduld. Dass der „Sommernachtstraum“und die Nibelungen das Geschichten-Trio vervollständigen sollen, steht längst fest. Die Reihenfolge allerdings ist noch offen. Bis Ende des Jahres soll ein mögliches Stipendium den Entwurf dazu sichern, damit im kommenden Jahr in der Werkstatt auf der Krämerbrücke
der mit zwei Jahren veranschlagte Bau weitergehen kann: „Es wird aber auch Zeit“, sagt Gobsch.
Nach der Märchenoper „Rusalka“, ein Auftrag aus Lindau am Bodensee, hatte Martin Gobsch die Figuren für die düstere Krabat-Geschichte fürs Erfurter Puppentheater aus dem Lindenholz geschnitten. Jetzt nimmt ihn ein Auftrag aus Heiligenstadt in Beschlag: Fürs dortige „Literaturmuseum Theodor Storm“wird das Märchen von der Regentrude in Szene gesetzt. Ehe sich deren märchenhafte Gestalt allerdings
erhebt, muss der Museumsbesucher keine Münzen einwerfen, sondern die ersten Zeilen des Zauberspruchs aussprechen, damit die Regentrude erwacht. Sprachgesteuert wird die komplizierte Mechanik in Bewegung gesetzt. Lange hat Gobsch daran getüftelt, wie sich dies möglichst geschmeidig umsetzen lässt, seit vor mittlerweile zehn Jahren die erste Idee für dieses mechanische Spiel geboren wurde.
Etwas weniger filigran und damit wartungsärmer ist das mechanische Theater geraten als jenes vom
Schneewittchen vor seiner Werkstatt auf der Krämerbrücke und das nahe gelegene in der Marktstraße.
Am Ende stehen Grün und eine Heirat
Weniger bewegte Figuren, dafür größere Bühnenteile kommen dafür auf der zwei Mal drei Meter großen Installation zum Einsatz. Dargestellt wird, wie die Menschen unter Hitze und Wassernot leiden, weil die Regentrude schläft. Eine reiche Tochter und ein armer Bauernsohn werden geschickt, den sie weckenden Zauberspruch zu suchen, müssen schließlich durch eine hohle Weide hinabsteigen, um den bösen Feuergeist zu vertreiben. Eine Soundcollage sorgt für Atmosphäre. Julia Maronde, Schauspielerin aus Erfurt, hat den vollständigen Zauberspruch eingelesen, mit dem der Zwerg verschwindet und die Regentrude erwacht. Ein Donnergrollen kündigt den Regen an, der die Pflanzen wieder wachsen und wuchern lässt. Und zu diesem Glück für die schon bei Theodor Storm klimakrisen-gebeutelte Erde kann das so mutige wie verliebte Retter-Paar trotz aller Standesunterschiede sogar heiraten.