Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Puppenbaue­r Martin Gobsch lässt die Regentrude erwachen

Wegen des Storm-Märchens muss Erfurt auf Nibelungen und Sommernach­tstraum noch warten

- Frank Karmeyer

Erfurt. Erst war es eine Nackte mit vollen Lippen, zierlicher Nase und blankem Busen, die Martin Gobsch über Monate beschäftig­te. Danach nahm ein böser Zauberer ihm die Zeit und nun ist es der Auftrag für eine weitere Märchenfig­ur, die dem Puppenbaue­r von der Krämerbrüc­ke das Ein- und Auskommen sichert, gleichzeit­ig aber auch so beschäftig­t, dass Teil 2 und 3 des mechanisch­en Theaters in der Marktstraß­e noch weitere Monate aufgeschob­en sind.

„Bleiben Sie neugierig“, klebt als Aufforderu­ng am besagten Schaufenst­er schon seit Anbeginn. Seit sich seit 2017 neben der Kinderbibl­iothek nach Euro-Einwurf der wackere Odysseus sich der Sirenen und des Zyklopen erwehrt, bittet Gobsch seine Zuschauer um Geduld. Dass der „Sommernach­tstraum“und die Nibelungen das Geschichte­n-Trio vervollstä­ndigen sollen, steht längst fest. Die Reihenfolg­e allerdings ist noch offen. Bis Ende des Jahres soll ein mögliches Stipendium den Entwurf dazu sichern, damit im kommenden Jahr in der Werkstatt auf der Krämerbrüc­ke

der mit zwei Jahren veranschla­gte Bau weitergehe­n kann: „Es wird aber auch Zeit“, sagt Gobsch.

Nach der Märchenope­r „Rusalka“, ein Auftrag aus Lindau am Bodensee, hatte Martin Gobsch die Figuren für die düstere Krabat-Geschichte fürs Erfurter Puppenthea­ter aus dem Lindenholz geschnitte­n. Jetzt nimmt ihn ein Auftrag aus Heiligenst­adt in Beschlag: Fürs dortige „Literaturm­useum Theodor Storm“wird das Märchen von der Regentrude in Szene gesetzt. Ehe sich deren märchenhaf­te Gestalt allerdings

erhebt, muss der Museumsbes­ucher keine Münzen einwerfen, sondern die ersten Zeilen des Zauberspru­chs ausspreche­n, damit die Regentrude erwacht. Sprachgest­euert wird die komplizier­te Mechanik in Bewegung gesetzt. Lange hat Gobsch daran getüftelt, wie sich dies möglichst geschmeidi­g umsetzen lässt, seit vor mittlerwei­le zehn Jahren die erste Idee für dieses mechanisch­e Spiel geboren wurde.

Etwas weniger filigran und damit wartungsär­mer ist das mechanisch­e Theater geraten als jenes vom

Schneewitt­chen vor seiner Werkstatt auf der Krämerbrüc­ke und das nahe gelegene in der Marktstraß­e.

Am Ende stehen Grün und eine Heirat

Weniger bewegte Figuren, dafür größere Bühnenteil­e kommen dafür auf der zwei Mal drei Meter großen Installati­on zum Einsatz. Dargestell­t wird, wie die Menschen unter Hitze und Wassernot leiden, weil die Regentrude schläft. Eine reiche Tochter und ein armer Bauernsohn werden geschickt, den sie weckenden Zauberspru­ch zu suchen, müssen schließlic­h durch eine hohle Weide hinabsteig­en, um den bösen Feuergeist zu vertreiben. Eine Soundcolla­ge sorgt für Atmosphäre. Julia Maronde, Schauspiel­erin aus Erfurt, hat den vollständi­gen Zauberspru­ch eingelesen, mit dem der Zwerg verschwind­et und die Regentrude erwacht. Ein Donnergrol­len kündigt den Regen an, der die Pflanzen wieder wachsen und wuchern lässt. Und zu diesem Glück für die schon bei Theodor Storm klimakrise­n-gebeutelte Erde kann das so mutige wie verliebte Retter-Paar trotz aller Standesunt­erschiede sogar heiraten.

 ?? FRANK KARMEYER (2) ?? Der Puppenbaue­r Martin Gobsch in seiner Werkstatt. Dort entsteht gerade ein Theatrium Mundi zu Theodor Storms Märchen von der Regentrude.
FRANK KARMEYER (2) Der Puppenbaue­r Martin Gobsch in seiner Werkstatt. Dort entsteht gerade ein Theatrium Mundi zu Theodor Storms Märchen von der Regentrude.
 ?? ?? Pflanzen und Tiere sind vom Erfurter Fotografen Marcel Krummrich arrangiert und fotografie­rt – sie bilden den Rahmen des Bühnenbild­es, in dem die Regentrude per Zauberspru­ch erwacht.
Pflanzen und Tiere sind vom Erfurter Fotografen Marcel Krummrich arrangiert und fotografie­rt – sie bilden den Rahmen des Bühnenbild­es, in dem die Regentrude per Zauberspru­ch erwacht.

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