Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Wenn Holz aus dem Wald verschwindet
Die Holzdiebstähle mehren sich, auch im Kreis Gotha. Bei Verdacht wird moderne Ortungstechnik eingesetzt
Victoria Augener
Kreis Gotha. Angesichts der stark gestiegenen Energiepreise wird das Heizen mit Holz beliebter. So haben Kamin- und Ofenbauer derzeit alle Hände voll zu tun, auch der Brennholzhandel boomt. Gleichzeitig mehren sich die Meldungen von Diebstählen aus den deutschen Wäldern. Ganze Polter verschwinden in den Händen Unbekannter und machen auch jene, die ihnen das Holz abkaufen, zu Hehlern. Auch der Wald im Landkreis Gotha gerät in das Visier von Holzdieben.
Ein Polter Fichte mit 16 Festmetern Holz ist zuletzt aus dem Staatswald gestohlen worden, der rund ein Sechstel der Fläche des Forstamts Finsterbergen ausmacht. Der Wert wird auf 1500 Euro geschätzt,
bleibt aber einer der bisher wenigen Diebstähle im Forstamtsbereich, erklärt dessen Leiter Gerhard Struck. Deutlich mehr waren es in Ostthüringen, wo im Juli 200 Festmeter Holz entwendet wurden.
Hohe Dunkelziffer wird angenommen
„2022 ist die Diebstahlquote im Kontext der Energiekrise leicht angestiegen – ohne besorgniserregende Dimensionen anzunehmen“, erklärt Horst Sproßmann vom Thüringenforst. Jahrelang habe die Holzdiebstahlsquote bei unter 0,01 Prozent gelegen, also wenige 100 Festmeter pro Jahr, was einen Schaden zwischen 8000 und 10.000
Euro ausmacht. Unbekannt sei dabei natürlich die Dunkelziffer. Das geerntete Holz kann nur auf Verdacht stichprobenartig überwacht
werden, etwa mit GPS-Trackern. Die satellitengestützten Geräte, die seit 2014 vom Thüringenforst eingesetzt werden, lassen die Bediener
ihren Standort nachverfolgen.
Dafür werden die zigarettenschachtelgroßen Apparate in einem Holzstapel versteckt, in den zuvor
ein passendes Loch gesägt wurde. Wird der Sender erschüttert oder bewegt, schaltet er sich automatisch ein und sendet ein Signal auf das Smartphone des örtlich zuständigen Revierförsters. „Das GPS-Signal kann im Ausland über Tage und Wochen verfolgt werden“, sagt Sproßmann. Durch die Tracker konnte die Zahl der Holzdiebstähle in Thüringen halbiert und Täter überführt werden. Die Geräte werden jedoch nur dort eingesetzt, wo sich Holzdiebstahl häuft.
Schäden bundesweit auf Millionenhöhe geschätzt
Im Forstamt Finsterbergen kontrollieren die Revierleiter regelmäßig die Holzpolter und deren Abfuhr. Der Zeitraum zwischen dem Fällen, der Aufarbeitung, der Polterung und dem Verkauf wird immer kürzer
– dank der Digitalisierung. Die Holzernte findet hochmechanisiert statt. So werden die Stämme nicht mehr von Hand vermessen, sondern mit Hilfe eines fotooptischen Systems. „Unregelmäßigkeiten bei Holzmengen fallen deshalb auch immer schneller auf und machen Holzdieben das Leben immer schwieriger“, sagt Sproßmann.
Holzdiebstähle in großem Umfang gab es besonders in den Neunzigerjahren, vor allem direkt nach der Wiedervereinigung. Die Delikte reichten in den vergangenen Jahren vom Diebstahl kleinerer Holzmengen, die dann oft aus dem Kofferraum verkauft werden, bis hin zu ganzen Lkw-Ladungen, die von Forstwegen verschwinden. Waldbesitzerverbände schätzen den finanziellen Schaden durch Holzdiebstahl bundesweit in Millionenhöhe.