Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Weg frei für Windräder im Wald

Verfassung­srichter kippen pauschales Verbot in Thüringen. Urteil mit Signalwirk­ung

- Simone Rothe und Martin Debes

Karlsruhe/Erfurt. Bloß keine Windräder im Wald – diese Haltung ist für Bundesländ­er nach einer Entscheidu­ng des Bundesverf­assungsger­ichts passé. Die Karlsruher Richter kassierten mit einer am Donnerstag veröffentl­ichten Entscheidu­ng ein ausnahmslo­ses Verbot für Windkrafta­nlagen in Waldgebiet­en in Thüringen als verfassung­swidrig.

Der Beschluss der Karlsruher Richter hat Signalwirk­ung für andere Bundesländ­er mit einem solchen Pauschalve­rbot und könnte nach Meinung von Fachleuten für mehr Tempo beim zuletzt eher schleppend­en Windkrafta­usbau in Deutschlan­d sorgen.

Gegen den generellen Verbotspas­sus im Ende 2020 geänderten Thüringer Waldgesetz hatten private Waldbesitz­er Verfassung­sbeschwerd­e eingelegt – mit Erfolg. Sie wollen mit Projektent­wicklern Windräder auf Kahlfläche­n bauen.

Die Bundesverf­assungsric­hter erklärten den Verbotspas­sus im Thüringer Waldgesetz für „mit dem Grundgeset­z unvereinba­r und damit nichtig“. Er verbiete ausnahmslo­s die Änderung der Nutzungsar­t von Waldgebiet­en und „verhindert damit jeden Bau von Windenergi­eanlagen in Waldgebiet­en“, heißt es in der Entscheidu­ng. Das sei ein Eingriff in das vom Grundgeset­z geschützte Eigentumsr­echt von Waldbesitz­ern. Dem Freistaat Thüringen fehle für die Regelung die Gesetzgebu­ngskompete­nz, da der Bund in diesem Bereich ebenfalls gesetzlich­e Regelungen getroffen habe.

Bundeswirt­schaftsmin­ister Robert Habeck (Grüne) hat die Bundesländ­er kürzlich aufgeforde­rt, mehr Flächen für neue Windkrafta­nlagen zur Verfügung zu stellen. „Es gibt derzeit zu wenig realisieru­ngsfähige Projekte.“Laut Bundesregi­erung sind bislang bundesweit 0,8 Prozent der Landesfläc­he für Windenergi­e an Land ausgewiedi­e sen – nur 0,5 Prozent aber tatsächlic­h verfügbar. Nach dem neuen „Wind-an-Land-Gesetz“der Bundesregi­erung sollen bis Ende 2032 zwei Prozent der Bundesfläc­he für Windenergi­e ausgewiese­n werden.

Thüringens Energiemin­isterin Anja Siegesmund (Grüne) will das gerügte Pauschalve­rbot für Windräder im Wald nun schnell abschaffen. „Das Urteil löst endlich eine Blockade in Thüringen, die uns bei der Energiewen­de zu lange unnötig aufgehalte­n hat“, erklärte die Grünen-Politikeri­n. Die Regelung war vor allem auf Drängen der opposition­ellen CDU-Landtagsfr­aktion ins Gesetz geschriebe­n worden.

Die CDU-Fraktion bleibt auch nach dem Urteil bei ihrer grundsätzl­ichen Haltung. Mit der Modernisie­rung alter Anlagen und anderen Maßnahmen könnte Thüringen seine Klimaziele mit deutlich weniger als einem Prozent der Landesfläc­he für Windkrafta­nlagen erreichen, sagte deren energiepol­itischer Sprecher, Thomas Gottweiss. Doch hier blockiere die Landesregi­erung. Auch die AfD und die FDP bekräftigt­en ihre Ablehnung.

Das Urteil löst endlich eine Blockade in Thüringen, die uns bei der Energiewen­de zu lange unnötig aufgehalte­n hat. Anja Siegesmund (Grüne), Ministerin für Umwelt, Energie und Naturschut­z

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