Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Weg frei für Windräder im Wald
Verfassungsrichter kippen pauschales Verbot in Thüringen. Urteil mit Signalwirkung
Karlsruhe/Erfurt. Bloß keine Windräder im Wald – diese Haltung ist für Bundesländer nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts passé. Die Karlsruher Richter kassierten mit einer am Donnerstag veröffentlichten Entscheidung ein ausnahmsloses Verbot für Windkraftanlagen in Waldgebieten in Thüringen als verfassungswidrig.
Der Beschluss der Karlsruher Richter hat Signalwirkung für andere Bundesländer mit einem solchen Pauschalverbot und könnte nach Meinung von Fachleuten für mehr Tempo beim zuletzt eher schleppenden Windkraftausbau in Deutschland sorgen.
Gegen den generellen Verbotspassus im Ende 2020 geänderten Thüringer Waldgesetz hatten private Waldbesitzer Verfassungsbeschwerde eingelegt – mit Erfolg. Sie wollen mit Projektentwicklern Windräder auf Kahlflächen bauen.
Die Bundesverfassungsrichter erklärten den Verbotspassus im Thüringer Waldgesetz für „mit dem Grundgesetz unvereinbar und damit nichtig“. Er verbiete ausnahmslos die Änderung der Nutzungsart von Waldgebieten und „verhindert damit jeden Bau von Windenergieanlagen in Waldgebieten“, heißt es in der Entscheidung. Das sei ein Eingriff in das vom Grundgesetz geschützte Eigentumsrecht von Waldbesitzern. Dem Freistaat Thüringen fehle für die Regelung die Gesetzgebungskompetenz, da der Bund in diesem Bereich ebenfalls gesetzliche Regelungen getroffen habe.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat die Bundesländer kürzlich aufgefordert, mehr Flächen für neue Windkraftanlagen zur Verfügung zu stellen. „Es gibt derzeit zu wenig realisierungsfähige Projekte.“Laut Bundesregierung sind bislang bundesweit 0,8 Prozent der Landesfläche für Windenergie an Land ausgewiedie sen – nur 0,5 Prozent aber tatsächlich verfügbar. Nach dem neuen „Wind-an-Land-Gesetz“der Bundesregierung sollen bis Ende 2032 zwei Prozent der Bundesfläche für Windenergie ausgewiesen werden.
Thüringens Energieministerin Anja Siegesmund (Grüne) will das gerügte Pauschalverbot für Windräder im Wald nun schnell abschaffen. „Das Urteil löst endlich eine Blockade in Thüringen, die uns bei der Energiewende zu lange unnötig aufgehalten hat“, erklärte die Grünen-Politikerin. Die Regelung war vor allem auf Drängen der oppositionellen CDU-Landtagsfraktion ins Gesetz geschrieben worden.
Die CDU-Fraktion bleibt auch nach dem Urteil bei ihrer grundsätzlichen Haltung. Mit der Modernisierung alter Anlagen und anderen Maßnahmen könnte Thüringen seine Klimaziele mit deutlich weniger als einem Prozent der Landesfläche für Windkraftanlagen erreichen, sagte deren energiepolitischer Sprecher, Thomas Gottweiss. Doch hier blockiere die Landesregierung. Auch die AfD und die FDP bekräftigten ihre Ablehnung.
Das Urteil löst endlich eine Blockade in Thüringen, die uns bei der Energiewende zu lange unnötig aufgehalten hat. Anja Siegesmund (Grüne), Ministerin für Umwelt, Energie und Naturschutz