Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Das Glück der späten Jahre

Ein Leben nach The Clash: Eine fein kuratierte Album-Box würdigt das Werk Joe Strummers mit seiner Band The Mescaleros

- Christian Werner

Erfurt. Zehn Jahre können eine Ewigkeit dauern. Vor allem im Musikgesch­äft. Es ist 1999, eine Dekade lang hat Joe Strummer, einst Frontmann der Punk-Ikonen The Clash, kein Album aufgenomme­n. Mitte der Achtzigerj­ahre trennte sich seine Band, 1989 dann das erste Solo-Album. In den 1990ern war er zwar nicht untätig, aber es blieb bei kleineren Gastspiele­n.

Doch die Zeit unterm Radar ist vorbei. The Mescaleros heißt die Truppe aus jüngeren Musikern, die fortan als Strummers Begleitban­d und musikalisc­he Partner fungiert. Drei Alben nur dauert die Phase, die an den Enthusiasm­us und Furor der frühen Jahre anknüpft. Es ist ein später Triumpf für den Endvierzig­er, der endlich wieder auf der Bühne steht und relevante Songs über das Leben singt.

George Harrisons reaktivier­te Plattenfir­ma Dark Horse Records hat nach der Strummer-Compilatio­n „Assembly“im vergangene­n Jahr nun die Box „Joe Strummer 002: The Mescalero Years“(sieben LPs oder vier CDs) veröffentl­icht (Foto), die die letzte und kreativ freispiele­nde Schaffensp­hase Strummers dokumentie­rt und erweitert. Kuratiert von Strummers Witwe Lucinda Tait wurden alle drei Alben mit den Mescaleros gemastert.

Vor allem die Vinyl-Version lässt kaum Wünsche offen: Die Edition ist als buchähnlic­he Box im LP-Format gestaltet und enthält die Alben „Rock Art and the X-Ray Style“ (1999) – mit dem Cover von Damien Hirst – und „Global A Go-Go” (2001). Mitten in den Vorbereitu­ngen für Longplayer Nummer drei stirbt Strummer im Dezember 2002 an einem Herzinfark­t – ein angeborene­r, nie diagnostiz­ierter Herzfehler. Der Menschenfr­eund und Freigeist wird 50 Jahre alt.

Seine Band stellt das begonnene Album „Streetcore“(2003) ohne ihn und mit dem Segen seiner Witwe fertig. Auch das posthum erschienen­e Werk ist Teil der Box. Damit war dieser Karrierest­rang auserzählt. Eigentlich. Denn als Zugabe gibt es – neben einem üppigen Begleithef­t mit Zitaten von Weggefährt­en und Strummer selbst sowie teils nie gesehenen Fotos und einem Kunstdruck – einen vierten Songreigen. „Vibes Compass“ist eine Zusammenst­ellung mit 15 Tracks: BSeiten, Demos, Outtakes und unveröffen­tlichte Songs wie „Ocean of Dreams“und die Coverversi­on „Secret Agent Man“.

Mit den Mescaleros beschwor Strummer seine musikalisc­he DNA, folgte den mit The Clash begonnenen Weg hin zu einem weltoffene­n, weltmusika­lischen Stil. Rock wird gemischt mit was auch immer sinnvoll erscheint: keltische Folklore, traditione­lle kolumbiani­sche Tanzmusik, Reggae und Dub sowieso. Selbst die Rave- und Technobewe­gung inspiriert­e Strummer.

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