Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Biber lassen es in Erfurt krachen
Die nagenden Flussbewohner fällen erste Bäume am Geraufer. Das Umweltamt greift nur bei echten Gefahren ein
Erfurt. Umgestürzte Bäume und die typischen Nage-Spuren an Stämmen in Flussnähe. Auch wer einen Biber selbst noch nicht beim Paddeln mit seinem breiten Schwanz in der Gera gesehen hat, findet dieser Tage Spuren, die seine Anwesenheit in Erfurt verraten.
„Die Biber im Stadtgebiet haben sich zuletzt stark vermehrt“, bestätigt Jens Düring vom Erfurter Umweltund Naturschutz. Als Hotspots nennt er Kühnhausen, den Kilianipark in Gispersleben, den Flutgrabenabschnitt am Hauptbahnhof flussaufwärts vom Dreienbrunnenbad. Düring gibt sich gelassen und kann das nun häufig zu sehenden Fraßspuren deuten. Vom Frühjahr bis zum Herbst fänden die Tiere viele Blätter, Stauden und auch Brennnesseln, die sie gern knabbern. Zieht der Winter ein, schwenken sie aber auf Baumrinde und weiches Holz als Nahrung um.
Grund genug für sein Amt und das Gartenamt, die Tiere und ihr Tun aufmerksam zu observieren. Grundsätzlich lasse man sie gewähren, was sich allein aus ihrem geschützten Status ergebe. Wenn aber an Wegen eine Gefährdung durch möglicherweise kippende Bäume für Menschen oder – wie im konkreten Fall – auch für eine Stromleitung bestehe, greife man behutsam ein.
In einem Fall mit einer Notfällung, sonst mit bissfesten Metallgittern, die die betreffenden Bäume schützen. „Ansonsten lassen wir die Biber die Landschaftspflege übernehmen“, etwa wenn es darum gehe, wuchernde Büsche zu dezimieren.
Abstimmung mit betroffenen Anwohnern und Landwirten
Grundsätzlich begleite man die Ausbreitung der Biber im Stadtgebiet wohlwollend. Und versuche auch ausgleichend zu wirken. Etwa in Alach, wo die Tiere im NesseQuellgebiet aufgetaucht sind, sich aber eben auf ihre Art landwirtschaftlichen Flächen widmen, teils für Überschwemmungen sorgen.
Am Lauf der Gera sei es übrigens problemlos, weil die Biber hier die nötige Wassertiefe von 60 bis 80 Zentimeter vorfänden. Dass sie auch am Hauptbahnhof siedeln und für Nachwuchs sorgen, sei gar nicht so verwunderlich. Hier sind steile Ufer und somit keine Menschen, die stören und Wasser und Futter stimmen.
Am Bahnhof hatten bereits im Juli 2021 Jugendliche die Tiere gefilmt. Hier gebe es nicht die Gefahr, dass die Biber anfangen, Burgen zu bauen, um das Wasser anzustauen. „Spannend wird es aber, wenn sie in kleinere Wasserarme abwandern. Dann müssen wir uns Gedanken machen“, so Düring.