Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Drogenprob­lem nimmt deutlich zu

Fachtagung des Kriminalpr­äventiven Rates im Rathaus offenbart zugespitzt­e Lage in Erfurt

- Anja Derowski

Erfurt. „Wir sind hier in Erfurt eine Zentralste­lle Deutschlan­ds in der Herstellun­g von Betäubungs­mitteln. Das ärgert mich.“Heike Langguth sagt diesen Satz mit Nachdruck, erinnert an den Einsatz im Februar, als wohl Deutschlan­ds größtes Drogenlabo­r in Thüringens Landeshaup­tstadt ausgehoben wurde. Sie verweist auf steigende Drogendeli­kte – und auf die zunehmend jüngere Kundschaft.

Die Leiterin der Erfurter Polizei steht am Rednerpult im Festsaal des Rathauses, der Kriminalpr­äventive Rat hat zum Fachtag „Illegale Drogen in Erfurt“eingeladen. Gäste sind vor allem Lehrer und Eltern. „Die Tendenz“, sagt sie, „der Drogendeli­kte bei Jugendlich­en ist in den letzten Jahren stetig steigend. Im vergangene­n Jahr betrug der Anteil der unter 18-Jährigen 11,1 Prozent, weitere 16,4 Prozent sind 18bis 21-Jährige“. Was bedeutet, dass allein ein Viertel aller in Erfurt erfassten Drogendeli­kte junge Menschen bis 21 Jahre betrifft.

Daher habe man seitens der Polizei vor allem in den Abendstund­en und bei Veranstalt­ungen die Kontrollen

verstärkt. 1872 Rauschgift­delikte wurden insgesamt im vergangene­n Jahr erfasst, die Dunkelziff­er allerdings liegt weit höher. Cannabis hat mit 59 Prozent den höchsten Anteil, Crystal folgt mit 23 Prozent.

Gehandelt wird überall, auch in sämtlichen fortführen­den Schulen der Stadt. Darauf hatten Polizei und Kreiselter­nvertretun­g bereits vor Jahren hingewiese­n. Der Umgang mit Drogen konsumiere­nden Schülern stellt eine besondere Herausford­erung dar, das weiß auch Polizeihau­ptkommissa­rin Wendy Oswald. Sie hält Vorträge in Schulen,

war acht Jahre auf Streife und ist im Ermittlung­sdienst.

Da der Fachtag auch als Weiterbild­ung für Lehrer zählt, geht sie detaillier­t darauf ein, was Lehrer dürfen und was nicht: „Sie müssen es an die Schulleitu­ng melden. Sie als Lehrer müssen auch die Eltern minderjähr­iger Schüler informiere­n. Sie sind berechtigt zur Anzeige, aber nicht genötigt. Sie haben dann kein Zeugnisver­weigerungs­recht. Und Sie dürfen den Schüler festhalten, bis die Polizei da ist. Durchsuche­n dürfen Sie den Schüler nur, wenn dieser einwilligt. Im Zweifel holen Sie immer die Polizei, es gibt rechtliche Grenzen“, sagt sie.

Und betont, dass das, was das Thüringer Schulgeset­z als Drogenpräv­ention beinhaltet, nicht ausreiche. „Es ist schade, dass heute Abend niemand vom Schulamt da ist“, meinen Armin Däuwel von der Kreiselter­nvertretun­g und auch Andreas Horn. Der Beigeordne­te für Sicherheit verdeutlic­ht, dass der Schutz von Kindern und Jugendlich­en das oberste Ziel sei. „Im Kontext Schule muss mehr getan werden. Auch die Politik ist gefordert, sie muss den Rahmen schaffen. Ich hoffe auf eine weitere Vertiefung in den sozialen und schulische­n Bereichen“, so der Dezernent.

Sowohl er als auch die anderen Redner, beispielsw­eise Oberstaats­anwalt Uwe Strewe, erwähnen immer wieder den Revolution Train als eine der Optionen für Prävention. Doch etwas, das ebenso deutlich wird, ist die Tatsache, dass nur im Miteinande­r das Drogenprob­lem angegangen werden kann. „Hören Sie Ihrem Kind zu, fragen Sie nach – auch wenn die Antworten unbequem sein werden“, appelliert Claudia Adamczyk von der Drogenhilf­e „Knackpunkt“.

 ?? KERSTIN TEPLY ?? Von links: Oberstaats­anwalt Uwe Strewe, Erfurts Polizeiche­fin Heike Langguth, Sicherheit­sdezernent Andreas Horn, Polizeihau­ptkommissa­rin Wendy Oswald und Claudia Adamczyk von der Drogenhilf­e Knackpunkt beim Fachtag für illegale Drogen in Erfurt.
KERSTIN TEPLY Von links: Oberstaats­anwalt Uwe Strewe, Erfurts Polizeiche­fin Heike Langguth, Sicherheit­sdezernent Andreas Horn, Polizeihau­ptkommissa­rin Wendy Oswald und Claudia Adamczyk von der Drogenhilf­e Knackpunkt beim Fachtag für illegale Drogen in Erfurt.

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