Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Sparen an der falschen Stelle
Sibylle Göbel zum zweiten Corona-Pflegebonus
Der Chef eines Thüringer Wohlfahrtsverbandes kann nicht klagen: Angesprochen auf den im Juni beschlossenen neuerlichen Pflegebonus berichtet er, dass in seinem Unternehmen alle in der Pflege beschäftigten Mitarbeiter die Prämie erhalten haben – ganz gleich, wo genau sie während der Corona-Pandemie eingesetzt waren. Selbst ihm und seinem Stellvertreter sei der Bonus gezahlt worden. Und das nicht etwa, weil sie sich diesen selbst bewilligt hätten, sondern weil es der Gesetzgeber so vorsah.
In den 26 Thüringer Krankenhäusern hingegen, die sich auf der Liste jener Kliniken wiederfinden, die ebenfalls Anspruch auf den Bonus haben, sieht es ganz anders aus: Dort gibt es das Gehaltsplus aufgrund starrer Vorgaben nur für einen Teil der Beschäftigten. Selbst Mitarbeiter aus anderen Abteilungen, die während der PandemieHochphasen auf den Corona-Stationen eingesetzt waren, gucken in die Röhre, bloß weil sie die notwendigen 185 Tage für voriges Jahr nicht zusammen bekommen. Dass das dem Betriebsfrieden ganz bestimmt nicht dienlich ist, lässt sich denken.
Landauf landab rumort es deswegen in den Krankenhäusern, so dass nun schon Klinikchefs an Gesundheitsminister Karl Lauterbach appellieren, das Gesetz zu korrigieren. Verständlich: Wenn der Bund derzeit schon mit Geld um sich wirft, dann sollte er doch bitte nicht ausgerechnet bei denen sparen, die den Laden die ganze Pandemie über am Laufen hielten und oft genug die eigene Gesundheit hintanstellten.
Der eingangs erwähnte Verbandschef und sein Vize haben die Prämie übrigens für den guten Zweck gespendet: Sie hätten es als absurd empfunden, als Gutverdiener diesen Bonus zu kassieren.