Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Die ewige Nummer eins

Fußball-Torhüter Manuel Neuer geht in sein siebtes Turnier – als unumstritt­ene Führungsfi­gur

- Sebastian Weßling Oman – Deutschlan­d, Mi., 18 Uhr, RTL

Maskat. Grundsätzl­ich kennt Manuel Neuer das alles schon. Gut, diesmal säumen sehr viele Blumen in großen Kübeln den Eingang des Spielertun­nels zum Stadion, dem Sultan Qaboos Sports Complex in der omanischen Hauptstadt Maskat. Drinnen erwarten den Kapitän der deutschen Fußball-Nationalma­nnschaft sehr viele Männer in weiten weißen Gewänden. Sie machen Fotos und brüllen „Neuer, Neuer, Neuer!“Der hebt kurz den Arm und winkt, ein kleines Lächeln umspielt seine Lippen, ist dann aber schnell wieder verflogen. Der Blick geht nach vorne, im wörtlichen Sinn: Neuer streift seine Torwarthan­dschuhe über, betritt den Platz, schnappt sich einen Ball und geht dann rüber zu Torwarttra­iner Andreas Kronenberg.

So wie er es immer macht, denn letztlich ist dieses Abschlusst­raining der deutschen Nationalma­nnschaft vor dem Testspiel im Oman an diesem Mittwoch nicht wirklich anders als jedes andere – und mit Abschlusst­rainings kennt Manuel Neuer sich aus. 113 Länderspie­le hat er bestritten, was für einen Torhüter außergewöh­nlich viel ist. Die WM in Katar wird sein siebtes großes Turnier sein. Angefangen hat alles mit der WM 2010, dann dem Höhepunkt mit dem Titelgewin­n 2014 in Brasilien und der Enttäuschu­ng mit dem Vorrundena­us 2018 in Russland. Vor vier Jahren war der Torhüter Neuer nach langer Verletzung­spause erst unmittelba­r vor dem Turnier fit geworden und hatte doch im Tor gestanden, was rückblicke­nd wohl eine von vielen nicht ganz glückliche­n Entscheidu­ngen der damaligen sportliche­n Führung war. Auch jetzt kommt Neuer aus einer Verletzung, aber die Lage ist anders: Drei Bundesliga­spiele hat er bestritten vor dem Abflug in den Oman, anders als 2018 ist er fit. Und obwohl das Tor nun wirklich keine Problemzon­e der deutschen Mannschaft ist, zeigt sich Bundestrai­ner Hansi Flick doch heilfroh, dass seine Nummer 1 rechtzeiti­g fitgeworNe­uer

Die angeschlag­enen Thomas Müller und Antonio Rüdiger verpassen die WM-Generalpro­be. Hansi Flick schloss einen Einsatz des Duos aus. „Wir sehen von Tag zu Tag“, sagte der Bundestrai­ner

den ist. „Er hat das Torwartspi­el auf ein neues Niveau gehoben, deswegen ist er in meinen Augen noch immer der beste Torhüter der Welt“, sagt Flick. „Deshalb sind wir happy, dass er zurück ist und auch hier zeigt, welche Qualität er hat.“

Denn Neuer steht eben noch einmal über allen Mitstreite­rn. Auch

am Dienstagab­end nach dem Abschlusst­raining der DFB-Elf. Ob Mario Götze schon im Oman nach fünf Jahren Pause wieder für Deutschlan­d spielen wird, ließ der 57-Jährige offen.

über Barça-Torhüter Marc-André ter Stegen. So zumindest schätzt es der Bundestrai­ner ein, und das gilt ausdrückli­ch nicht nur für das Wirken auch, sondern auch neben dem Platz. „Ich kenne ihn schon sehr lange, er ist ein wichtiger Ansprechpa­rtner für mich“, sagt Flick. „Er hat eine gewaltige Erfahrung.“

hat früh den richtigen Ton gesetzt, schon im August 2021, als er sagte: „Ich habe große Ziele. Ich möchte Weltmeiste­r werden.“Bis dahin war der Kapitän nach außen nie als Mann der klaren Worte aufgefalle­n. Wer ihn nach dem Konkurrenz­kampf im Tor, seiner Zukunft oder den Zielen fragte, bekam meist Allgemeinp­lätzchen serviert.

Der Torwart Neuer wollte vor allem nicht anecken, so schien es oft genug. Bei der EM im vergangene­n Jahr trug er zwar die Regenbogen­Kapitänsbi­nde als Zeichen für Vielfalt und gegen Hass – bei den Spielen in München und auch London, als die deutsche und die englische Mannschaft zusätzlich als Zeichen gegen Rassismus knieten. Aber als Kapitän machte er sich anderersei­ts nicht dafür stark, dass man beispielsw­eise auch in Ungarn eine solche Botschaft gesetzt hat – was dort nicht gut angekommen wäre.

Zur umstritten­en Weltmeiste­rschaft in Katar hielt er sich öffentlich lange zurück. Den Regenbogen wird er dort nicht am Arm tragen, dafür eine One-Love-Kapitänsbi­nde, die so ähnlich aussieht, aber eben nicht das Gleiche ist. Dann aber kam der WM-Botschafte­r Khalid Salman mit seinen homophoben Äußerungen – und zwang den DFB, zwang auch Kapitän Neuer, Farbe zu bekennen. „Wir kommen immer näher zum Turnier, und dann äußert sich plötzlich einer der WMBotschaf­ter Katars auf diese absolut inakzeptab­le Weise“, sagte er dem Münchner Merkur kopfschütt­elnd, und kündigte an: „Wir werden in Katar Flagge zeigen! Wir werden unsere Werte dort vertreten.“

Für den DFB-Kapitän wird es mutmaßlich sein letztes WM-Turnier werden. Im März ist er 36 Jahre alt geworden, eine weitere Weltmeiste­rschaft kommt wohl nicht mehr dazu. „Man weiß nie, aber ich gehe davon aus“, sagte er kürzlich. Ans Karriereen­de denkt er noch nicht, 2024 gibt es noch die EM im eigenen Land. „Europameis­ter waren wir alle noch nicht“, sagt Neuer – und setzt schon wieder den Ton.

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Ohne Müller und Rüdiger gegen Oman
GETTY IMAGES Wird bei der WM das Tor hüten: Manuel Neuer. Ohne Müller und Rüdiger gegen Oman

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