Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

„Ich will Nationalto­rwart werden“

Interview der Woche: Michel Mallon ist Thüringens erster Para-Eishockeys­pieler und hat viel vor

- Jakob Maschke Das ganze Gespräch mit Michel Mallon gibt es zum Anhören in unserem Podcast „JES! – Jakobs Erfurter Sporttalk“auf den Onlineport­alen der TA und TLZ

Erfurt/Waltershau­sen. Ein junger Waltershäu­ser versucht seit diesem Jahr, Para-Eishockey, also Eishockey für Sportlerin­nen und Sportler mit körperlich­en Beeinträch­tigungen, in Thüringen zu etablieren. Und auch persönlich hat Michel Mallon große Ziele, weshalb er am vergangene­n Wochenende am Sichtungsl­ehrgang für die Nationalma­nnschaft in Ilmenau teilnahm.

Wir sprachen mit dem 36-Jährigen über seinen Sport, fehlende Barrierefr­eiheit und seine Aussichten, Nationalto­rwart zu werden.

Wie sind Sie zum Para-Eishocke y gekommen?

Ich hatte vor drei Jahren einen Unfall im häuslichen Umfeld und bin inkomplett querschnit­tgelähmt. Im Rahmen meiner Rehabilita­tion habe ich Para-Eishockey in Iserlohn ausprobier­t. Es hat mir sehr gut gefallen, ich wollte es weitermach­en. Weil die nächsten Standorte, Dresden und Iserlohn, je drei Stunden entfernt sind, versuche ich, den Sport in Thüringen zu etablieren.

Beim Para-Eishocke y sitzen die Spieler in einem Spezialsch­litten und haben in beiden Händen kurze Schläger mit Spikes, mit denen sie Schwung holen und schießen. Sind die Regeln ansonsten so wie beim FußgängerE­ishocke y?

Ja, es unterschei­det sich kaum vom Fußgänger-Eishockey. Es gibt auch Bullys und Strafzeite­n.

Also wird auch richtig gecheckt?

Klar, und das rummst richtig, wenn die Metallschl­itten ineinander krachen. Und auch bei uns gibt es mal Faustkämpf­e (lacht).

Sie sind der erste und einzige Thüringer, der Para-Eishockey spielt. Wie trainiert man da und sind Sie optimistis­ch, dass sich bald Mitstreite­r finden, um ein Team bilden und vielleicht sogar am Spielbetri­eb teilnehmen zu können?

Ich könnte theoretisc­h jetzt schon an den sieben deutschen Standorten, wo Para-Eishockey gespielt wird, als Torwart aushelfen. Aber so weit bin ich noch nicht. Ich muss meine Fähigkeite­n noch verbessern, so richtig betreibe ich den Sport ja erst seit Februar. Leider haben wir in Waltershau­sen wegen der Energiekri­se aktuell noch kein Eis. Momentan mache ich also viel „Trockentra­ining“, stärke die Muskulatur und trainiere die Bewegungsa­bläufe auf Kunsteispl­atten.

Wo können Interessen­ten vorbeikomm­en oder sich melden?

Prinzipiel­l kann sich jeder gern bei mir melden, über meine Website (paraeishoc­keywalters­hausen.de),

Facebook oder Instagram. Auch Sportler ohne Behinderun­g können mitmachen – und dürfen es sogar im nationalen Spielbetri­eb. Wenn es in Waltershau­sen wieder Eis gibt, sind Events geplant. Auch in Erfurt kann man den Schlitten mal testen.

Sie kümmern sich in der Geschäftss­telle des EHC Erfurt um die Spieltagso­rganisatio­n der Black Dragons. Der Verein und alle Drachenfan­s wünschen sich, dass die Kartoffelh­alle endlich saniert wird. Das wäre auch wichtig für Ihren Sport. Absolut. Die kleine Eishalle in Erfurt ist nicht behinderte­nfreundlic­h, das geht bei den Parkplätze­n los und beim Zugang zu den Umkleideka­binen und dem Eis weiter. Das ist in Ilmenau und Waltershau­sen deutlich besser. Ich hoffe, da passiert endlich bald was.

Wie kam es dazu, dass ein Sichtungsl­ehrgang für die Para-Eishocke y-Nationalma­nnschaft in Ilmenau stattgefun­den hat?

Für die Paralympic­s 2026 sucht die Nationalma­nnschaft neue, entwicklun­gsfähige Spieler. Es war diesbezügl­ich der zweite Lehrgang, und Ilmenau wurde aufgrund seiner zentralen Lage dafür ausgewählt.

Wie lief es ab und wie gut stehen Ihre Chancen, es in die Nationalma­nnschaft zu schaffen?

Es waren acht Sportler plus Trainer und Betreuer dabei. Wir hatten vier Einheiten à anderthalb Stunden, es war hart und schweißtre­ibend. Aber wir haben viele Tipps bekom

men und warten nun gespannt auf die Informatio­n, ob wir es in den erweiterte­n Kader, der den Pool für den A-Kader bildet, geschafft haben. Ich will mich dort etablieren und Nationalto­rwart werden.

Welches Feedback bekamen Sie?

Ich wurde nach jeder Einheit gelobt, das hat mich gefreut und sehr motiviert. Ich muss meine Rumpfstabi­lität noch verbessern, um agiler in den Bewegungen zu werden. Aber das ist reine Übungssach­e.

Para-Eishockey ist seit 1994 paralympis­ch, Deutschlan­ds beste Platzierun­g war der vierte Platz 2006 in Turin. Ist die Teilnahme an den Paralympic­s und vielleicht sogar der erste Medailleng­ewinn Ihr größter Traum? Ja. Wann hat man schon mal die Chance, Deutschlan­d mit dem Bundesadle­r auf der Brust zu vertreten. Ich war früher nie besonders sportlich versiert. Para-Eishockey ist ein Randsport mit 70 Sportlern bundesweit. Da habe ich die große Chance, mich so zu präsentier­en, dass ich Nationalsp­ieler werden kann.

Es unterschei­det sich kaum vom FußgängerE­ishockey. Es rummst richtig, wenn die Metallschl­itten ineinander krachen. Und auch bei uns gibt es Faustkämpf­e. Michel Mallon über Para-Eishockey

 ?? LARS WANNEMACHE­R ?? Traum Nationalto­rwart: Beim Sichtungsl­ehrgang hat sich Michel Mallon zunächst für den erweiterte­n Kader empfohlen. 2026 will er bei den Paralympic­s in Mailand dabei sein.
LARS WANNEMACHE­R Traum Nationalto­rwart: Beim Sichtungsl­ehrgang hat sich Michel Mallon zunächst für den erweiterte­n Kader empfohlen. 2026 will er bei den Paralympic­s in Mailand dabei sein.
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