Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Lehren aus dem Beschuss
Nie schien eine Eskalation des Krieges in der Ukraine so nah wie in den ersten Stunden nach dem Raketeneinschlag in Polen. Inzwischen zeichnet sich ab, dass vermutlich eine ukrainische Luftabwehrrakete kurz hinter der polnischen Grenze einschlug und zwei Menschen tötete. Es handelt sich wohl um einen Unfall. Vier Lehren lassen sich ziehen. Besonnenheit ist Pflicht: In den westlichen Staaten hat Russlands Machthaber und oberster Kriegsherr Wladimir Putin durch Lügen und Skrupellosigkeit jegliche Glaubwürdigkeit verspielt. Jede Aussage des Kremls wird mit einem Fragezeichen versehen. Auch militärisch ist Putin alles zuzutrauen.
Vorsicht muss auch für die Ukraine gelten: Präsident Wolodymyr Selenskyj beschuldigte Russland schnell eines Raketenangriffs. Auch der frühere Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, war mit entsprechenden Vorwürfen rasch bei der Sache. Der ukrainischen Führung muss bewusst sein, wie gefährlich solche unbewiesenen Schuldzuweisungen sind.
Russlands Mitschuld muss klar benannt werden: Auch wenn Untersuchungen bestätigen, dass eine ukrainische Rakete in Polen einschlug, trägt nur ein Akteur die Verantwortung für die Ereignisse: Russland. Vor dem Vorfall feuerte Russland an die 100 Raketen auf die Ukraine ab. Putin führt einen Krieg gegen zivile Ziele und bringt auch angrenzende Staaten in Gefahr.
Geschlossenheit macht stark: Die internationale Reaktion blieb ruhig und abgestimmt. Staatschef Andrzej Duda telefonierte mit USPräsident Joe Biden, der sich beim G20-Gipfel auf Bali aufhielt und dort die Verbündeten informierte. Die einstimmige Botschaft war: Ruhe bewahren, Fakten schaffen.