Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Skepsis beim 49-Euro-Ticket

Thüringer Busbranche fordert Runden Tisch zur Finanzieru­ng des Nahverkehr­s im Freistaat

- Bernd Jentsch

Erfurt/Gera. Wie finanziert sich der öffentlich­e Nahverkehr in Deutschlan­d in den nächsten Jahren? Darüber wollen 170 Teilnehmer von drei Busbranche­nverbänden aus Brandenbur­g, Thüringen und Sachsen ab heute auf dem Mitteldeut­schen Omnibustag in Gera beraten.

Man schaue auf die aktuelle Debatten zwischen Bund und Ländern über das geplante Deutschlan­d-Ticket für 49 Euro und mache sich ernsthafte Sorgen, erklärte der Vorsitzend­e des Thüringer Busverband­es Mario König. So sei die Aufteilung der erzielten Einnahmen aus dem neue Ticket völlig unklar. Die vom Bund zugesagten 1,5 Milliarden Euro für das Ticket seien unzureiche­nd und es gebe kleine Klarheit darüber, wer entstehend­e Mehrkosten übernehmen soll.

Es gebe erhebliche Unterschie­de zum 9-Euro-Ticket im zurücklieg­enden Sommer, erläuterte auch der Geschäftsf­ührer des Verbandes Tillmann Wagenkecht. Das habe in den Ferienmona­ten gegolten, quasi ohne den üblichen Schülerver­kehr in den Bussen und es sei zeitlich befristet gewesen. „Die dauerhafte Einführung eines Deutschlan­d-Tickets stellt dagegen die bisherige Finanzieru­ng des Personenna­hverkehrs auf den Kopf“, so Wagenknech­t.

Natürlich sei es aus der Sicht der Fahrgäste zu begrüßen, wenn es ein einheitlic­hes Ticket für Deutschlan­d gebe, aber die geplante Einführung

sei ein massiver Eingriff in die unternehme­rische Freiheit der mittelstän­dischen Betriebe und in die lokale Zuständigk­eit für den Nahverkehr, sagte Wagenknech­t: „Das birgt unbekannte Risiken für das Gesamtsyst­em des öffentlich­en Personenna­hverkehrs“.

Der Verbandsch­ef forderte eine generelle Debatte über die Finanzieru­ng des Nahverkehr­s in Thüringen. Man sei mit der Landesregi­erung im Gespräch, nötig sei aus seiner Sicht aber, alle Beteiligte­n an einen Runden Tisch zu bringen, um das Thema ausführlic­h diskutiere­n zu können, erklärte Mario König. Die angestrebt­e Mobilitäts­wende erfordere neue Fahrzeuge, die spürbar mehr kosten. Im Landeshaus­halt seien dafür aber nahezu keine Fördermitt­el eingeplant. „Ein Elektrobus kostet nahezu doppelt so viel wie ein Dieselbus“, so König, der selbst ein Busunterne­hmen in Bad Langensalz­a betreibt, das auch vier

Elektrobus­se im Einsatz hat.

Auch über neue Antriebsfo­rmen soll heute und morgen in Gera debattiert werden. So werde das projekt „Flash“, ein autonom fahrender Bus vorgestell­t, der in Nordsachse­n seit kurzem im Einsatz ist.

Optimistis­ch schaue man derzeit auf den Busreisema­rkt. Hier habe es nach Jahren des Stillstand­es durch die Pandemie einen erhebliche­n Nachholeff­ekt gegeben, versichert­e Wagenknech­t. Die mittelstän­dischen

Betriebe der Branche in Thüringen profitiert­en von einer angestiege­nen Nachfrage nach Busfahrten im Schienener­satzverkeh­r aber auch durch Anmietunge­n von Vereinen, Verbänden oder Firmen.

Auf der Tagung in Gera werde der Direktor des Deutschen Instituts für Tourismusf­orschung, Bernd Eisenstein, einen Überblick über die aktuelle Kundennach­frage in der Touristik und die veränderte­n Kundenerwa­rtungen geben.

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FLORIAN GIRWERT (2) / ARCHIV Verbands-Vorsitzend­er Mario König (links) und Geschäftsf­ührer Tilman Wagenknech­t
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ARNE MARTIUS / ARCHIV Busse stehen am Busbahnhof in Ilmenau.

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