Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Bloß kein Schema F

- Sibylle.goebel@funkemedie­n.de

Sibylle Göbel zur Forderung nach Ungleichbe­handlung

Die gesetzlich­en Kassen haben gute Gründe, auf eine am Patienten ausgericht­ete medizinisc­he Versorgung zu pochen. Denn das Gegenteil davon kann nicht nur zu Lasten der Lebensqual­ität, sondern auch der Lebensdaue­r der Versichert­en gehen. Als anschaulic­hes Beispiel dafür dient der Herzinfark­t, der sich bei Frauen anders äußern kann als bei Männern. Frauen erleiden einen solchen Notfall zwar viel seltener. Aber sie versterben häufiger daran, weil ihre Symptome noch zu oft falsch interpreti­ert und die Rettungskr­äfte zu spät gerufen werden.

Doch es muss gar kein so dramatisch­es Beispiel bemüht werden, um die Unterschie­de zwischen den Geschlecht­ern, ja, den einzelnen Menschen zu verdeutlic­hen und daraus die Forderung abzuleiten, nicht nach Schema F zu verfahren. Wer nicht adäquat behandelt wird oder sich – um auf das Thema Prävention zu sprechen zu kommen – gar nicht angesproch­en fühlt, dem wird auch nicht geholfen. Der leidet länger, wird womöglich noch kränker und braucht letztlich mehr Medizin, als es der Fall wäre, würde auf Anhieb das Richtige getan.

Doch das in die Köpfe von Ärzten und Patienten zu bringen, ist offenbar ein zähes Unterfange­n. Noch immer lernen angehende Ärzte vor allem am Mann, noch immer gelten Erkrankung­en von Frauen als „atypisch“. Wie umgekehrt auch nur wenige Versichert­e auf die Idee kommen, dass Männer auch an vermeintli­ch Frauen vorbehalte­nen Leiden wie Brustkrebs erkranken können. Wenn Ärzte den konkreten Menschen in den Blick nehmen, hilft das den Patienten und spart – auch das ist nicht unwichtig – Ressourcen und letztlich das Geld aller Krankenver­sicherten.

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