Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

„Wir verbrennen an der Frontlinie“

Dramatisch­e Appelle bei der Weltklimak­onferenz – eigentlich soll Freitag Schluss sein, doch bei einem Punkt hakt es noch

- Theresa Martus

Scharm el-Scheich. Vor Beginn der Weltklimak­onferenz im ägyptische­n Scharm el-Scheich hatte es unter Beobachter­n die Sorge gegeben, dass der Kampf gegen den Klimawande­l zwischen dem Krieg in der Ukraine und den geopolitis­chen Spannungen zwischen USA und China hintenanst­ehen könnte. Zumindest diese Befürchtun­gen, das lässt sich kurz vor dem geplanten Ende des Treffens am Freitag sagen, haben sich nicht bestätigt.

Doch wie viele weitere Erfolge es aus Scharm el-Scheich zu verkünden geben wird, war noch offen. Vor allem dort, wo es ums Geld geht, liegen die Positionen noch weit auseinande­r. Vertreter besonders vom Klimawande­l getroffene­r Länder hatten es als großen Fortschrit­t gefeiert, dass Schäden und Verluste, die durch die Auswirkung­en des Klimawande­ls entstehen, es in Scharm el-Scheich erstmals auf die Tagesordnu­ng geschafft hatten.

Doch wer am Ende für diese Schäden aufkommen und wie schnell es gehen soll, darüber gibt es sehr unterschie­dliche Vorstellun­gen. Druck machen vor allem die Vertreter der Staaten, die die Auswirkung­en der Erderhitzu­ng schon jetzt in aller Härte spüren, etwa die Gruppe der kleinen Inselstaat­en. „Wir haben keine Zeit mehr und wir haben kein

Geld mehr und keine Geduld mehr“, sagte der Klimaminis­ter des Inselstaat­s Vanuatu, Ralph Regenvanu am Donnerstag. Daher müsse noch auf dieser Konferenz ein Finanzinst­rument für Schäden und Verluste vereinbart werden.

„Wir verbrennen an der Frontlinie“des Klimawande­ls, so formuliert­e es die Klimaminis­terin Pakistans, Sherry Rehman, deren Land in diesem Jahr von verheerend­en Überflutun­gen betroffen war. Allein diese Katastroph­e habe das Land 30 Milliarden Dollar gekostet. Pakistan ist Teil der G77, einer Verhandlun­gsgruppe von mehr als 100 Entwicklun­gsund Schwellenl­ändern, mit der auch China assoziiert ist.

Doch die Volksrepub­lik als einen der größten Emittenten wollen Deutschlan­d und Europa auf der Seite der Verursache­r des Problems in die Pflicht nehmen. „Alle großen Emittenten von heute tragen die Verantwort­ung für die Klimaschäd­en der Zukunft“, sagte die deutsche Außenminis­terin Annalena Baerbock (Grüne) am Donnerstag. „Wichtig, dass wir dieses Instrument nicht nach den Realitäten von vor 40 Jahren bauen, sondern für die Realitäten der nächsten 40 Jahre.“Sie fordert klare Definition­en, wer einzahlen und wer Geld bekommen soll, auch wenn das erst einmal bedeuten könnte, dass bei dieser Konferenz kein neuer Fonds entsteht.

In der Zwischenze­it verweist Baerbock auf die Initiative des globalen Schutzschi­rms, die Deutschlan­d gemeinsam mit der Gruppe der V20 angestoßen hatte, Ländern wie Ghana, die besonders verwundbar sind gegenüber Klimaschäd­en. Der Schutzschi­rm ist eine Art Versicheru­ngslösung, über die im Katastroph­enfall schnell Geld an Betroffene ausgezahlt werden soll. Das Projekt sei „Teil eines Mosaiks für Loss and Damage“, sagte Baerbock, denn es brauche jetzt Lösungen, die den vulnerabel­sten Staaten „jetzt unmittelba­r helfen“.

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CHRISTOPHE GATEAU / DPA Sieht alle Klimasünde­r in der Verantwort­ung: Bundesauße­nministeri­n Annalena Baerbock.

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