Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Erfurt tritt Initiative für mehr Tempo 30 bei
30er-Zonen können Städte bisher nur eingeschränkt selbst festlegen. Das soll sich ändern
Erfurt. Die Stadt will selbst darüber entscheiden können, wo Tempo 30 gilt und wo nicht. Perspektivisch soll es im Stadtgebiet mehr 30erZonen geben. Am Mittwoch beschloss der Stadtrat mit breiter Mehrheit, dass sich Erfurt der Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“anschließt. Die Initiative fordert mehr Entscheidungsfreiheiten für Städte, Gemeinden und Landkreise bei der Anordnung von Tempolimits. Denn bisher sind den Kommunen diesbezüglich enge Grenzen gesetzt.
In der Straßenverkehrsordnung schreibt der Bund vor, dass Tempo 30 vor allem für Wohngebiete gedacht ist, für Bereiche, in denen viele Fußgänger und Radfahrer unterwegs sind, die häufig die Straße überqueren. Areale rund um Schulen und Kindergärten sind klassische Beispiele für Tempo-30Zonen.
Limit soll Lebensqualität verbessern
Doch Tempo 30 ist aus Sicht der Initiative nicht nur ein Werkzeug, um kritische Stellen auf Nebenstraßen mit viel Fußgängerverkehr zu entschärfen. Auch Hauptstraßen sollten in den Blick genommen werden. Vor dem Hintergrund der Klimaschutzziele müsse die Mobilität in den Städten auch von den Städten selbst gestaltet werden können. Im am Mittwoch beschlossenen Text heißt es dazu: „Lebendige, attraktive Städte brauchen lebenswerte öffentliche Räume. Straßen und Plätze haben vielfältige Funktionen und prägen letztlich das Gesicht der Städte. Sie sind der Maßstab für Lebensqualität und Urbanität.“Fahren die Autos langsamer, wertet das den öffentlichen Raum auf – sie sind leiser unterwegs, es ist sicherer für alle Beteiligten, so der Tenor.
Obwohl es im Stadtrat formal nur um den Beitritt zur Initiative ging, wurden im Gremium diverse Beispiele diskutiert, wo Tempo 30 in der Stadt und auf den Ortsteilen sinnvoll sei. Schon aus dieser kurzen Debatte war abzulesen, dass es künftig deutlich mehr Tempo-30Bereiche im Stadtgebiet geben könnte – sofern sich der Bund zu einer Gesetzesänderung bewegen lässt. Betont wurde von verschiedenen Mitglieder des Stadtrates, dass es nicht darum gehe, grundsätzlich das innerörtliche Tempolimit von 50 km/h durch Tempo 30 zu ersetzen. Zudem müsse beachtet werden, dass Bus und Bahn nicht ausgebremst würden.
Die Initiative Lebenswerte Städte wurde im Juli 2021 von Aachen, Augsburg, Freiburg, Hannover, Leipzig, Münster und Ulm gegründet. Stand Mitte November 2022 haben sich 328 Kommunen den Forderungen angeschlossen.