Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Das Geheimnis einer Oboe
Das Instrument ist nicht einfach zu bauen. Wir waren in einer Oboen-Werkstatt
„Eigentlich beginnt die Geschichte einer Oboe schon viele Jahre vor dem Bau“, sagt Sabine Drengner. Sie muss es wissen: Als Holzblas-Instrumentenbau-Meisterin hat sie sich auf den Bau von Oboen spezialisiert.
Deswegen weiß sie: Das Holz einer jeden Oboe hat eine jahrelange Geschichte. Diese beginnt, wenn das Holz für das Instrument etwa aus einem Grenadill-Baumstamm gesägt wird. Grenadill-Bäume wachsen in Afrika. Ihr schwarzes Holz ist besonders hart und feinporig. Zudem enthält es viel Harz. Ehe das Holz verbaut wird, muss es viele Jahre lagern. „Dann kommt es nicht so schnell zu Rissen“, sagt Frau Drengner. Eine Oboe besteht aus drei Teilen, die ineinandergesteckt werden.
„Eine Firma dreht für uns die Teile auf die richtige Form. Auch die Löcher sind schon hineingebohrt“, sagt Sabine Drengner. Wenn sie von „uns“spricht, dann meint sie die Meisterwerkstatt „Frank & Meyer“in Berlin, deren Mitinhaberin sie ist. Zusammen mit ihrem Lehrmeister Ludwig Frank baut sie dort Oboen. Nicht nur die drei Teile werden in die Werkstatt geliefert, sondern auch die Metallklappen, welche beim Spielen genutzt werden, um die Tonlöcher zu schließen. Das Wichtigste aber passiert in der Werkstatt: die Bohrung des Luftkanals. Der muss unten weiter sein als oben. Je nachdem, wie viel Holz an welcher Stelle stehen bleibt, klingt die Oboe höher oder tiefer. „Der Verlauf dieser Innenbohrung ist bei jedem Oboenmodell etwas anders“, erklärt Frau Drengner.
Der Klang einer Oboe hängt auch davon ab, wie die Tonlöcher bearbeitet sind. Diese Aufgabe übernehmen die beiden Fachleute ebenfalls selbst. Die Klappen gängig zu machen, damit sie leicht hoch und runter gehen, ist dagegen die Arbeit einer andere Kollegin aus der Werkstatt.
Ein vierter Kollege klebt dort, wo die Metallklappen auf dem Holz aufliegen, dünnen Kork. „Damit es später beim Spielen nicht klappert“, sagt Frau Drengner. Damit die Tonlöcher gut schließen, kommen Polster aus Kork auch in die Klappendeckel. „Schließen sie nicht genau, kommt nicht der richtige Ton raus“, erklärt die Expertin. Um den Kork in die richtige Position zu bringen, erwärmt sie die Klappe über einer Flamme. „Dadurch wird der Kleber weich, und ich kann den Kork mit einem Blech verschieben“, sagt sie. Sie wiederholt das, bis es richtig passt. Sind alle Klappen auf dem Instrument befestigt, wird es spannend:
Die Oboenbauerin setzt das Mundstück ein und probiert das Instrument aus. Klingen alle Töne richtig? Wenn nicht, muss Frau Drengner die Klappen noch mal richten oder die Oboe innen nachschleifen.
Zum Schluss werden zwei Buchstaben in das Holz eingraviert: LF für Ludwig Frank, den Erfinder dieser Art von Oboe. dpa