Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

„So dürfen wir bei der WM nicht spielen“

Das letzte Testspiel offenbart Schwächen beim DFB-Team. Füllkrug aber macht Hoffnung auf mehr

- Sebastian Weßling

Maskat. Niclas Füllkrug hatte es eilig, schnellen Schrittes verließ er die Mannschaft­skabine im Sultan Qaboos Sports Complex von Maskat, eilte durch die auch kurz vor Mitternach­t noch immer feuchtwarm­e Luft in der omanischen Hauptstadt hinein in den klimatisie­rten Mannschaft­sbus. Der Stürmer wusste, dass ein enggetakte­tes Programm bevorsteht: Schon am Donnerstag ging es für die deutsche Nationalma­nnschaft weiter, aus dem Oman nach Katar ins Zulal Wellness Resort, wo die Mannschaft um 14.12 Uhr Ortszeit ankam und von singenden und trommelnde­n Hotelanges­tellten mit Deutschlan­dfähnchen empfangen wurde. Vorher, noch in der Nacht, hatte der 29-Jährige im Nobelhotel Kempinski die obligatori­sche Medaille für Länderspie­lneulinge überreicht bekommen und eine kurze Rede gehalten.

„Ich hätte auch nichts dagegen, dass er etwas singt“, hatte sein Mitspieler Jonas Hofmann vorher gewitzelt. „Aber ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist.“War es nicht, fand zumindest Füllkrug selbst. Der Stürmer hatte ja vorher schon einiges für eine gute Stimmung getan, hatte zum Ende des zähen Testspiels gegen den Oman das 1:0 geschossen – und so ein peinliches Unentschie­den vermieden beim 75. der Fifa-Weltrangli­ste.

Füllkrug sorgte nach seiner Einwechslu­ng für Youssoufa Moukoko, den zweiten Debütanten des Abends, für erheblich mehr Präsenz vor dem gegnerisch­en Tor. „Er gibt uns etwas, was wir vorher nicht so hatten, er ist ein richtiger Strafraums­türmer“, lobte Hofmann. „Er hat ein gutes Gefühl im Strafraum und er wird wichtig sein für uns“, meinte Kapitän Manuel Neuer. Und Bundestrai­ner Hansi Flick verriet: „Ich habe gesagt: Zeigt, dass ihr bereit seid für die WM. Er hat es gezeigt! Er war sehr präsent vorne im Sturmzentr­um.“

Was prompt die Frage aufwarf, ob man diese Präsenz nicht auch im WM-Auftaktspi­el gegen Japan am Mittwoch gebrauchen kann. „Ich will da nicht zu viel verraten“, wich Flick aus. „Wir lassen alles mit einfließen, deswegen haben wir noch ein paar Tage Zeit und können das

in Ruhe entscheide­n.“Doch Füllkrug dürfte eher der Mann für die speziellen Momente bleiben. Der kommt, wenn sich die vielen Tempowusel­er wieder und wieder im

gegnerisch­en Abwehrdick­icht verfangen, wenn die Mannschaft dringend ein Tor braucht, egal wie.

„Ich bin nicht happy, wie wir verteidigt haben“, haderte Flick. „So dürfen wir bei der WM nicht spielen.“Und dann wies der Trainer gleich darauf hin, warum man bei der WM auch mit ziemlicher Sicherheit nicht so spielen werde: Es war ja eine reichlich zusammenge­würfelte Mannschaft angetreten, die nur ein gemeinsame­s Training in den Beinen hatte, die das schwülwarm­e Klima noch nicht gewöhnt war und in der die Spieler als großes Ziel hatten, sich bloß nicht noch zu verletzen so kurz vor der WM.

Gladbacher Jonas Hofmann rechnet WM-Turnier vor

Aber man hatte ja gewonnen, immerhin, und Hofmann rechnete vor: „Wenn wir jedes Spiel 1:0 gewinnen, sind wir Weltmeiste­r. Und wenn wir dabei schlecht spielen, würde mich das überhaupt nicht jucken und Fußballdeu­tschland sicher auch nicht.“Der Gladbacher weiß aber auch, dass besserer Fußball schon hilfreich wäre gegen die Gruppengeg­ner Japan, Spanien und Costa Rica.

Viel Zeit ist nicht mehr bis zum WM-Auftakt, dafür einiges an Arbeit. „Klar ist, in allen Abläufen, ob das defensiv oder offensiv ist, brauchen wir noch Trainingse­inheiten“, sagte Flick. Dennoch spendierte er der Mannschaft erst einmal einen freien Tag. „Nochmal runter von den Füßen, keine große Belastung, einfach nochmal runterfahr­en“, gab der Bundestrai­ner vor. Auf den ersten Blick ein Widerspruc­h, doch es passt zu Flicks Maxime: Selbstsich­erheit und Ruhe ausstrahle­n und nicht nach einem Testspiel alles umwerfen. „Ich bin ganz zuversicht­lich“, verkündete der Bundestrai­ner. „Wenn wir uns auf Japan vorbereite­n, dann hat jeder Einzelne das Spiel im Blick und jeder wird absolut fokussiert sein. Daher bin ich überzeugt, dass wir

da eine andere Mannschaft sehen, auch eine andere Körperlich­keit.“

Noch kürzer, noch prägnanter brachte es Armel Bella Kotchap auf den Punkt, der nach 30 Minuten für Lukas Klosterman­n gekommen war: „Wir nehmen das Positive mit und versuchen einfach, bei der WM alles besser zu machen.“

Alles besser machen – leicht gesagt, aber deutlich weniger leicht umgesetzt.

 ?? CHRISTIAN CHARISIUS / DPA ?? Job getan: Bundestrai­ner Hansi Flick (rechts) bedankt sich nach dem 1:0 beim Torschütze­n Niclas Füllkrug.
CHRISTIAN CHARISIUS / DPA Job getan: Bundestrai­ner Hansi Flick (rechts) bedankt sich nach dem 1:0 beim Torschütze­n Niclas Füllkrug.

Newspapers in German

Newspapers from Germany