Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Torjäger dringend gesucht
Erfurt Nord ist wegen schwacher Trefferquote Thüringenliga-Vorletzter. Gründe und Lösungsansätze
Erfurt. Eigentlich war der 1. Oktober ein Tag zum Feiern für den FC Erfurt Nord. Soeben hatten die Erfurter in der Fußball-Thüringenliga in Heiligenstadt überraschend 2:0 gewonnen – ihr dritter Auswärtssieg, womit sie die bis dato drei Heimpleiten ausmerzten. Doch Andy Pham machte aus dem Tag einen Trauertag – für sich persönlich und für sein Team. Nicht zum ersten Mal brannten dem Stürmer die Sicherungen durch. Diesmal sogar nach dem Spiel, als er einem am Boden liegenden Gegenspieler – vorher von diesem laut Nord übel beleidigt – auf die Brust trat. Unentschuldbar, und vom Verband mit einer langen Sperre von zwölf Spielen – also jetzt noch sechs – bestraft.
In den darauffolgenden sechs Spielen holte Erfurt Nord gerade mal noch zwei Pünktchen, schoss dabei drei Tore. Zwölf Tore nach zwölf Partien sind gemeinsam mit Schlusslicht Gera-Westvororte Minuswert in der Liga und der Hauptgrund, dass das Team aus der Grubenstraße in seinem dritten Thüringenliga-Jahr kurz vor dem Ende der Hinrunde auf Abstiegskurs ist.
Das sieht auch Trainer Christian Stieglitz so: „Unser brisantestes Problem ist der fehlende Stoßstürmer. Wir haben viel probiert, aber keine Lösung gefunden, und werden im Winter nachlegen müssen“, tendiert er Richtung Neuzugang.
Denn intern hat sich niemand herauskristallisiert, der die Rolle im Sturmzentrum adäquat besetzen kann. Pham fehlt wie Hannes Preibisch (6 Spiele/noch 2) gesperrt, Pascal Maiele hat großen Fitnessrückstand, Serkan Kolpar steht kaum noch zur Verfügung, Marvin Adams hat den Sprung vom Talent zur Thüringenliga-Option bislang nicht geschafft. Also probierten Stieglitz und sein Trainerteam Spieler von anderen Positionen dort aus.
Tobias Eckermann, als Abwehrmann regionalligaerfahren, ist mit seiner Größe bei Standards immer brandgefährlich und nicht von ungefähr mit vier Treffern Nords bester Torschütze. „Aber da mir defensiv immer wieder Spieler ausfallen, kann ich ihn nicht nach vorne ziehen“, steckt Stieglitz in einem personellen Dilemma und gibt zu, die Annahme im Sommer, mit dem aktuellen Sturmpersonal gut aufgestellt zu sein, sei falsch gewesen.
Louis Voigtritter, nicht als klassischer Stürmer vom FC Borntal geholt, überzeugte zwar zum Saisonstart und ist mit drei Toren neben Eckermann der Einzige im Kader, der mehr als einmal getroffen hat. Aber auch er ist kein klassischer, dauerhaft funktionierender „Neuner“. Ebenso wenig die Flügelflitzer Niklas Kliem und Philip Menz oder der gerade verletzte Mittelfeldstratege Alexander Ost, die alle schon den Sturmtank imitieren mussten. Eine Geheimwaffe könnte der vielseitig einsetzbare Christoph Weichert sein, der sich diese Rolle auch zutraut, aber wegen einer hartnäckigen Fußverletzung in dieser Saison noch fast gar nicht gespielt hat.
Christian Stieglitz hat einige potenzielle Kandidaten – von Oberbis Kreisoberliga – im Visier und ist mit ihnen im Gespräch. Auch das sei nicht einfach: Diejenigen aus den höheren Ligen stellen meist Gehaltsforderungen, wobei Stieglitz betont, dass kein Spieler Geld bekommen werde. Bei denjenigen aus der Kreisoberliga sei fraglich, ob sie sportlich und mental dem Druck gewachsen sind, zwei Spielklassen höher eine Mannschaft als Torjäger zum Klassenerhalt zu schießen.
Auch ohne echten Mittelstürmer ist der Trainer optimistisch, dass sein Team in allen drei verbliebenen Hinrundenduellen – am Samstag (14 Uhr) gegen den auswärts stark auftrumpfenden Aufsteiger Saalfeld (3.), am Samstag darauf beim unbeständigen Aufsteiger Struth (9.) und am 3. Dezember gegen den als Aufstiegsanwärter gestarteten Vierten Bad Langensalza – punkten kann.
Sein Erfolgsrezept: „Geschlossen auftreten, individuelle Fehler vermeiden, konsequent abschließen.“