Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Bewährungs­strafen für Hooligans und ihre Helfer

Beamter des Thüringer Infrastruk­turministe­riums, der angeklagt war, könnte im Dienst bleiben. Hohe Geldauflag­en ausgesproc­hen

- Fabian Klaus

Gera/Saalfeld. Die 9. Strafkamme­r des Landgerich­ts Gera hat vier junge Männer zu Bewährungs­strafen verurteilt, die in unterschie­dlichen Rollen an Angriffen von Fans des Fußballver­eins Rot-Weiß Erfurt auf Fans des Fußballver­eins Carl Zeiss Jena beteiligt gewesen sind.

Für den Angeklagte­n A. ging es dabei um seine berufliche Karriere. Ihm drohte der Verlust seines Beamtensta­tus. A. arbeitet als Sachbearbe­iter im Thüringer Ministeriu­m für Infrastruk­tur und Landwirtsc­haft, wie er selbst vor Gericht aussagte – und wäre bei einer Freiheitss­trafe von einem Jahr den Beamtensta­tus

losgeworde­n. Die Kammer sprach ihn der Beihilfe zum Überfall auf der Bowlingbah­n in Saalfeld-Gorndorf 2019 schuldig. Urteil: 10 Monate und zwei Wochen auf Bewährung.

A. hatte damals mehrere Personen angesproch­en, ob sie sich an dem geplanten Überfall der Hooligan-Gruppe „Jungsturm“beteiligen wollten, und dem Jungsturm-Rädelsführ­er insgesamt acht Personen übermittel­t. A. selbst war an der Tat nicht beteiligt, bei der mehrere Personen verletzt wurden.

Auch der Angeklagte R. wurde vom Gericht einer Beihilfe für schuldig befunden, bekam acht Monate auf Bewährung. Dabei geht es

um eine andere Tat: 2018 hatten Erfurt-Hooligans am Bahnhof Saalfeld Jena-Fans überfallen. R. hat im Vorfeld den Bahnhof ausgekunds­chaftet und Details zu Überwachun­gseinricht­ungen an die Angreifer übermittel­t, auch hier organisier­te einer der führenden JungsturmK­öpfe die Attacke. Richter Harald Tscherner machte deutlich, dass R. wesentlich­e Informatio­nen weitergege­ben habe, denn auf den Überwachun­gsvideos vom Bahnhof sei der Angriff kaum zu sehen gewesen.

Aktiv beteiligt an diesem Überfall von etwa 40 Vermummten – eine Zeugin erinnerte sich an eine Sturmhaube in den Farben des Deutschen Reiches schwarz-weiß rot – waren die Angeklagte­n V., der ein Jahr und drei Monate bekam, und S., für den die Kammer ein Jahr Jugendstra­fe verhängte.

Warum die vier Angeklagte­n verhältnis­mäßig milde Strafen erhalten haben? Das begründete der

Kammer-Vorsitzend­e damit, dass die Taten vier Jahre zurücklieg­en und die Angeklagte­n gestanden haben. Zudem habe man mit Blick auf die vor der ersten Strafkamme­r gesprochen­en Urteile gegen die Jungsturm-Köpfe „die Kirche im Dorf lassen müssen“.

Die Angeklagte­n werden einige Zeit an die Urteile denken – weil sie diese in der Geldbörse spüren: Der Angeklagte A. muss 10.000 Euro Geldauflag­e zahlen. Davon 5000 an die Staatskass­e und 5000 an den Jenaer Jugendhilf­everein „Drudel 11“. R. und V. müssen je 5000 Euro und S. 2000 Euro an „Drudel 11“bezahlen. Die Urteile sind noch nicht rechtskräf­tig.

 ?? FABIAN KLAUS ?? Einer der Angeklagte­n mit seinem Anwalt.
FABIAN KLAUS Einer der Angeklagte­n mit seinem Anwalt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany