Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Bewährungsstrafen für Hooligans und ihre Helfer
Beamter des Thüringer Infrastrukturministeriums, der angeklagt war, könnte im Dienst bleiben. Hohe Geldauflagen ausgesprochen
Gera/Saalfeld. Die 9. Strafkammer des Landgerichts Gera hat vier junge Männer zu Bewährungsstrafen verurteilt, die in unterschiedlichen Rollen an Angriffen von Fans des Fußballvereins Rot-Weiß Erfurt auf Fans des Fußballvereins Carl Zeiss Jena beteiligt gewesen sind.
Für den Angeklagten A. ging es dabei um seine berufliche Karriere. Ihm drohte der Verlust seines Beamtenstatus. A. arbeitet als Sachbearbeiter im Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft, wie er selbst vor Gericht aussagte – und wäre bei einer Freiheitsstrafe von einem Jahr den Beamtenstatus
losgeworden. Die Kammer sprach ihn der Beihilfe zum Überfall auf der Bowlingbahn in Saalfeld-Gorndorf 2019 schuldig. Urteil: 10 Monate und zwei Wochen auf Bewährung.
A. hatte damals mehrere Personen angesprochen, ob sie sich an dem geplanten Überfall der Hooligan-Gruppe „Jungsturm“beteiligen wollten, und dem Jungsturm-Rädelsführer insgesamt acht Personen übermittelt. A. selbst war an der Tat nicht beteiligt, bei der mehrere Personen verletzt wurden.
Auch der Angeklagte R. wurde vom Gericht einer Beihilfe für schuldig befunden, bekam acht Monate auf Bewährung. Dabei geht es
um eine andere Tat: 2018 hatten Erfurt-Hooligans am Bahnhof Saalfeld Jena-Fans überfallen. R. hat im Vorfeld den Bahnhof ausgekundschaftet und Details zu Überwachungseinrichtungen an die Angreifer übermittelt, auch hier organisierte einer der führenden JungsturmKöpfe die Attacke. Richter Harald Tscherner machte deutlich, dass R. wesentliche Informationen weitergegeben habe, denn auf den Überwachungsvideos vom Bahnhof sei der Angriff kaum zu sehen gewesen.
Aktiv beteiligt an diesem Überfall von etwa 40 Vermummten – eine Zeugin erinnerte sich an eine Sturmhaube in den Farben des Deutschen Reiches schwarz-weiß rot – waren die Angeklagten V., der ein Jahr und drei Monate bekam, und S., für den die Kammer ein Jahr Jugendstrafe verhängte.
Warum die vier Angeklagten verhältnismäßig milde Strafen erhalten haben? Das begründete der
Kammer-Vorsitzende damit, dass die Taten vier Jahre zurückliegen und die Angeklagten gestanden haben. Zudem habe man mit Blick auf die vor der ersten Strafkammer gesprochenen Urteile gegen die Jungsturm-Köpfe „die Kirche im Dorf lassen müssen“.
Die Angeklagten werden einige Zeit an die Urteile denken – weil sie diese in der Geldbörse spüren: Der Angeklagte A. muss 10.000 Euro Geldauflage zahlen. Davon 5000 an die Staatskasse und 5000 an den Jenaer Jugendhilfeverein „Drudel 11“. R. und V. müssen je 5000 Euro und S. 2000 Euro an „Drudel 11“bezahlen. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.