Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Nancy Faeser auf heikler Mission in Ankara
Innenministerin will über Migranten sprechen. Doch der Türkei geht es vor allem um Terrorbekämpfung
Ankara/Berlin. Der Terroranschlag in Istanbul, bei dem vor einer Woche sechs Menschen getötet wurden, überschattet den Besuch von Bundesinnenministerin Nancy Faeser in Ankara. Mit ihrem türkischen Amtskollegen Süleyman Soylu will Faeser unter anderem über Migration reden. Die türkische Seite wird vor allem das Terror-Thema in den Fokus nehmen.
„Es ist Zeit für die Abrechnung, die Schurken werden zur Rechenschaft gezogen“, twitterte das türkische Verteidigungsministerium in der Nacht zum Sonntag. Damit begann die „Operation Klauentötet schwert“. Türkische Kampfflugzeuge bombardierten 89 mutmaßliche Verstecke der kurdischen Terrororganisation PKK im Nordirak und Stellungen ihres syrischen Ablegers, der Kurdenmiliz YPG, in Nordsyrien. Bei den Luftangriffen seien mindestens 27 Menschen ge
und 38 schwer verletzt worden, meldete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte.
Damit übt die Türkei nach eigener Darstellung Vergeltung für den Bombenanschlag von Istanbul, der nach offizieller Darstellung auf das Konto der YPG gehen soll. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan wolle den Anschlag „offenkundig ausnutzen, um sich vor den Wahlen im kommenden Jahr innenpolitisch als starker Mann zu präsentieren“, sagte der SPD-Außenpolitiker Nils Schmid unserer Redaktion. Die Militäroperation im Norden Syriens sei schon vor Monaten angekündigt worden, der Anschlag diene nun als Vorwand, die
Angriffe durchzuführen.
Faeser möchte über den Flüchtlingsdeal mit der EU sprechen, wodurch sich die Türkei verpflichtet, die irreguläre Migration in die EU zu unterbinden und Migranten zurückzunehmen. Aber sie setzt diese Zusage nicht um. Soylu gilt als Hardliner, dem es vor allem um die Terrorbekämpfung geht. Erdogan hatte anlässlich des Anschlags von Istanbul die USA und EU-Staaten beschuldigt, sie gewährten „Terroristen“Unterschlupf. Der türkische Innenminister dürfte gegenüber Faeser das Thema der Auslieferungen unter Hinweis auf den Istanbuler Anschlag mit großem Nachdruck ansprechen.