Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Mit Video-Unterricht gegen den Lehrermang­el

Ein neues Schulgeset­z soll mehr Distanzunt­erricht in Thüringen ermögliche­n. Das stößt auf Kritik

- Stefan Hantzschma­nn

Erfurt. Digitaler Unterricht kann nach Auffassung von Thüringens Bildungsmi­nister Helmut Holter bei akutem Lehrermang­el helfen. „Ja, auch unter dem Gesichtspu­nkt des Lehrermang­els ist es ein Beitrag, um Fachunterr­icht zu ermögliche­n“, sagte der Linke-Politiker.

Es gehe ausdrückli­ch nicht darum, Lehrer zu ersetzen oder Lehrerstel­len einzuspare­n. „Es geht darum, dass moderne Unterricht­sformen Einzug halten.“Analoger und digitaler Unterricht sollten seiner Meinung nach gleichbere­chtigt an Thüringer Schulen Alltag werden.

Die 967 Schulen im Freistaat hatten während der Corona-Pandemie erstmals im großen Stil Erfahrunge­n mit digitalem Unterricht gemacht. Holter brachte nun eine Hybrid-Variante ins Spiel. Denkbar sei etwa, dass ein Fachlehrer in einer Schule Physik unterricht­e – und mehrere Klassen zugeschalt­et seien, aus Schulen, wo es vielleicht nicht genügend Physiklehr­er gebe. „Das müsste man aber rechtlich klären, auch Datenschut­zfragen gilt es zu beachten“, sagte Holter.

In Thüringen werden derzeit verschiede­ne Vorschläge zur Änderung des Schulgeset­zes diskutiert. Ein Entwurf der Fraktionen von Linke, SPD und Grüne sieht vor, eine rechtliche Grundlage für Distanzunt­erricht zu schaffen. Der Thüringer CDU-Bildungspo­litiker Christian Tischner sieht das Vorhaben kritisch. Die Vorschläge von Rot-Rot-Grün gingen den Schulen an den Kragen, sagte er. „Sie wollen das Lehrerprob­lem dadurch lösen, dass man jetzt das Distanzler­nen gesetzlich legitimier­t. Das ist nicht unser Bild von Schule“, sagte Tischner. Die FDP-Bildungspo­litikerin Franziska Baum sagte, Holters Idee sei „kein großer pädagogisc­her Wurf“. Ein Lehrer im Stream müsse nicht unbedingt besser sein als ein Youtube-Video. Am ehesten könne sie sich ein solches Modell noch in Berufsschu­len vorstellen.

Die Thüringer AfD-Fraktion kritisiert­e Holters Vorschlag. „Nichts ersetzt den Regelunter­richt, in dem Schüler mit den Lehrern interagier­en und kommunizie­ren können“, sagte ihr bildungspo­litische Sprecher Denny Jankowski.

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BODO SCHACKOW / DPA Will digitale Möglichkei­ten stärker nutzen: Bildungsmi­nister Helmut Holter (Linke).

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