Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Mit Video-Unterricht gegen den Lehrermangel
Ein neues Schulgesetz soll mehr Distanzunterricht in Thüringen ermöglichen. Das stößt auf Kritik
Erfurt. Digitaler Unterricht kann nach Auffassung von Thüringens Bildungsminister Helmut Holter bei akutem Lehrermangel helfen. „Ja, auch unter dem Gesichtspunkt des Lehrermangels ist es ein Beitrag, um Fachunterricht zu ermöglichen“, sagte der Linke-Politiker.
Es gehe ausdrücklich nicht darum, Lehrer zu ersetzen oder Lehrerstellen einzusparen. „Es geht darum, dass moderne Unterrichtsformen Einzug halten.“Analoger und digitaler Unterricht sollten seiner Meinung nach gleichberechtigt an Thüringer Schulen Alltag werden.
Die 967 Schulen im Freistaat hatten während der Corona-Pandemie erstmals im großen Stil Erfahrungen mit digitalem Unterricht gemacht. Holter brachte nun eine Hybrid-Variante ins Spiel. Denkbar sei etwa, dass ein Fachlehrer in einer Schule Physik unterrichte – und mehrere Klassen zugeschaltet seien, aus Schulen, wo es vielleicht nicht genügend Physiklehrer gebe. „Das müsste man aber rechtlich klären, auch Datenschutzfragen gilt es zu beachten“, sagte Holter.
In Thüringen werden derzeit verschiedene Vorschläge zur Änderung des Schulgesetzes diskutiert. Ein Entwurf der Fraktionen von Linke, SPD und Grüne sieht vor, eine rechtliche Grundlage für Distanzunterricht zu schaffen. Der Thüringer CDU-Bildungspolitiker Christian Tischner sieht das Vorhaben kritisch. Die Vorschläge von Rot-Rot-Grün gingen den Schulen an den Kragen, sagte er. „Sie wollen das Lehrerproblem dadurch lösen, dass man jetzt das Distanzlernen gesetzlich legitimiert. Das ist nicht unser Bild von Schule“, sagte Tischner. Die FDP-Bildungspolitikerin Franziska Baum sagte, Holters Idee sei „kein großer pädagogischer Wurf“. Ein Lehrer im Stream müsse nicht unbedingt besser sein als ein Youtube-Video. Am ehesten könne sie sich ein solches Modell noch in Berufsschulen vorstellen.
Die Thüringer AfD-Fraktion kritisierte Holters Vorschlag. „Nichts ersetzt den Regelunterricht, in dem Schüler mit den Lehrern interagieren und kommunizieren können“, sagte ihr bildungspolitische Sprecher Denny Jankowski.