Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Erstes Queer-Konzert bei der Thüringer Jazzmeile
Holly Schlott, ehemals Volker Schlott, möchte im Kulturzentrum Mon Ami in Weimar nicht nur musikalische Vielfalt zelebrieren
Weimar. Erstmals in der Geschichte der Thüringer Jazzmeile findet ein Queer-Konzert statt. Das Orchester „Unique“unter Leitung von Holly Schlott, ehemals Volker Schlott, will damit nicht nur musikalische Vielfalt leben, sondern auch eine Botschaft senden für Akzeptanz und Respekt verschiedener Geschlechteridentitäten. Am Freitag, 25. November, 20 Uhr, spielt „Unique“im Kulturzentrum Mon Ami in Weimar. Wir sprachen mit Schlott, die über Jahrzehnte ihre wahre Identität verheimlichte, und wollten wissen, warum sie das Thema der Geschlechter in den Jazz bringt.
Wieso finden Sie es wichtig, dass ein Begriff wie queer in der Musik eine Rolle spielt? Sollte nicht eher das künstlerische Können im Vordergrund stehen?
Auf jeden Fall, da stimme ich voll zu. Es geht auch eher darum, für alle Menschen die Türen zu öffnen. Ich will einen Ort schaffen, an dem sich niemand komisch vorkommen oder sich für sein Aussehen unwohl fühlen muss.
Frau Schlott, lassen Sie uns noch mal auf die Begrifflichkeiten eingehen, bevor es musikalisch wird.
Gerne. Ich bezeichne mich selbst als Transfrau. Das Wort queer bietet eine Identifikation, ohne dabei zu klassifizieren. Menschen, die aus dem heterosexuellen Raster fallen oder sich nicht einer bestimmten Geschlechteridentität zuordnen, nutzen es. Man könnte auch einfach von LGBTQ+ sprechen. Die Buchstaben stehen im Englischen für: lesbisch, schwul, bisexuell, transgender und queer. Das Plus ist ein Platzhalter für weitere Identitäten, die sich in den anderen nicht wiederfinden.
Ist ihr Orchester genauso „bunt“besetzt?
Kann man so sagen. Es sind außerdem alles Berufsmusikerinnen und Berufsmusiker, die zu der aktiven europäischen Jazzszene gehören und aus sechs verschiedenen Ländern kommen.
Wo sind Sie eigentlich geboren und aufgewachsen?
Im Vogtland. Ich bin Jahrgang 1958. Damals gab es zu solchen Themen noch keine Aufklärung. Leider. Ich habe versucht, selbst damit klarzukommen.
Wann haben Sie denn bemerkt, dass Sie sich anders fühlen?
Schon mit zwölf Jahren, aber erst als ich 60 wurde, konnte ich dazu stehen. Die meisten kennen mich immer noch als Volker.
Heißt das, Sie haben sich fast 50 Jahre lang versteckt?
Genau das. Wenn, dann habe ich diese Sachen – also andere Kleidung tragen, schminken – heimlich ausgelebt. Ich hatte immer Angst, denn es hat sich verboten angefühlt. Irgendwann habe ich gewagt zu zeigen, wer ich bin, auch um anderen Mut zu machen. Die Musik hat mir immer dabei geholfen, schwere Zeiten zu überstehen.
Sie haben Saxofon studiert, richtig?
Ja, an der Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin. Es war schon lange mein Traum, mit so einem Orchester zu spielen. Jetzt ist er in Erfüllung gegangen.
Worauf können sich die Gäste bei dem Konzert am Freitag in Weimar freuen?
Auf hochwertige Musik, die einen Elektro-Akustik-Sound mit dem Jazz verschmelzen lässt. Wir verbinden verschiedene Stilmittel miteinander und erschaffen so einzigartige Klänge, die berühren. Und darum geht es doch auch, dass Menschen andere Menschen erreichen. Egal, wer oder was sie sind.